Wie oft wurde Silvio Berlusconis Ende schon herbeigeschrieben; zuletzt vor eineinhalb Jahren, als der italienische Ex-Premier wegen Steuerbetrugs zu Haftstrafe und Ämterverbot verurteilt wurde. Und noch jedes Mal haben sich entsprechende Berichte als falsch erwiesen. Auch in diesen Tagen schien plötzlich eine Rehabilitierung des "Cavaliere" möglich - ausgerechnet durch seinen Kontrahenten, Premier Matteo Renzi.
Dieser hat ein neues Gesetz für die Behandlung von Steuervergehen in die Wege geleitet, das die Grenze für die Strafbarkeit von Steuerdelikten angehoben hätte - und zwar dermaßen, dass Berlusconi ex post rehabilitiert worden wäre. Die Entrüstung war groß, und Renzi musste zurückrudern. Der Schaden ist aber angerichtet - das Image als Saubermann ist wohl endgültig dahin.
Renzi war angetreten, um als rottamatore (Verschrotter) mit der alten Politikergarde abzurechnen; um Schluss zu machen mit Privilegien und um verschleppte Reformen durchzuziehen. Den entscheidenden Fehler beging Renzi wohl schon vor einem Jahr, als er mit Berlusconi einen "Pakt über institutionelle Reformen" schloss, um seine dünne Parlamentsmehrheit abzusichern. Die Hypothese, dass da auch eine Geheimklausel dabei war, die Berlusconi ein Polit-Comeback ermöglichen sollte, klingt aus heutiger Sicht sehr plausibel. Wenn das so wäre, wäre Renzi selbst Teil der von ihm ach so verachteten Politikerkaste. (Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 7.1.2015)