Er wurde auf den Balearen gegründet und dehnte sich bald über das Mittelmeer aus. Doch muss der Club Méditerranée nun in "Club Chinesisches Meer" umgetauft werden? Das glaubt jedenfalls der französische Politiker Florian Philippot. Der Vizepräsident des rechtsextremen Front National verurteilte am Wochenende den Verkauf des Reiseanbieters an die Investorengruppe Fosun aus Schanghai. Der Club Med sei ein Aushängeschild französischer Lebens- und Freizeitkultur, meinte Philippot, an die Pionierzeiten der ersten, besonders fidelen Feriendörfer des Club Med erinnernd.
Fosun will nicht nur stiller Teilhaber spielen. Für den stolzen Übernahmepreis von 939 Millionen Euro will die Investorengruppe vor allem das asiatische Standbein des Reiseveranstalters stärken; weltweit sollen die billigsten Feriendörfer geschlossen und durch Vier- und Fünf-Stern-Clubs ersetzt werden. Dazu holt Fosun-Direktor Guo Guangchang einen brasilianischen Geschäftsmann ins Kapital.
Unterstützung aus Frankreich
Der bisherige Club-Med-Vorsitzende Henri Giscard d'Estaing, Sohn des früheren französischen Staatspräsidenten, hatte das Kaufgebot aus China tatkräftig unterstützt. In der fast zweijährigen Übernahmeschlacht gab der italienische Mitbieter Andrea Bonomi schließlich entgeistert auf. Wie schon beim Industriekonzern Alstom - um den Siemens gebuhlt hatte, bevor US-Konkurrent General Electric den Zuschlag erhielt - ziehen die Franzosen einen außereuropäischen Konkurrenten vor.
Vor allem die Chinesen sind gern gesehen in Paris - wo U-Bahn-Durchsagen neuerdings auf Chinesisch erfolgen. Vor wenigen Wochen wählte die französische Regierung das Pekinger Konsortium Symbiose für die Teilprivatisierung des Flughafens Toulouse, der wegen Airbus auch industrielle Bedeutung hat. Zuvor hatte sie zusammen mit dem aus Wuhan stammenden Mischkonzern Dongfeng 28 Prozent des PSA-Konzerns erworben. Die Chinesen haben nun Mitsprache bei Peugeot und Citroën.
Weinberge in Bordeaux
Der Wandel springt ins Auge: Nachdem französische Konzerne wie Électricité de France (EDF), Renault oder LVMH (Luxusgüter) jahrelang in Schwellenländern aufgetrumpft hatten, wird Frankreich nun selbst zu einer wichtigen Zielscheibe für asiatische Investoren. 2014 zog es neben England die meisten Direktinvestitionen aus dem Ausland an. Besonders beliebt bei Chinesen: Weinberge in Bordeaux. Für solche Symbole des sozialen Aufstiegs zahlen sie Unsummen. Auch Fosun überzahlte Club Med nach Meinung vieler Börsenanalysten, um eine Prestigemarke einzuheimsen. Vorher hatte sich der Investor aus Schanghai in Deutschland (Tom Tailor) und Griechenland (Folli Folie) eingekauft.
"Unterschwelliger Rassismus"
Gewandelt hat sich aber auch die Haltung der französischen Öffentlichkeit zur massiven Ankunft chinesischer Investoren: Niemand würde mehr von einer "gelben Gefahr" sprechen. Der Protest des Front National war ein Einzelfall. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis warf den Rechtsextremen prompt "unterschwelligen Rassismus" gegen die neuen Besitzer des Club Med vor. Auch die Pariser Medien stören sich nicht mehr am Verkauf eines nationalen Flaggschiffs wie Club Med. Le Monde warf nur Giscard d'Estaing vor, er habe sein Wort gebrochen, die Unabhängigkeit des Unternehmens zu wahren.
Der sanfte Umgangston hat seinen Grund wohl auch in der wirtschaftlichen Schwäche Frankreichs, das mehr denn je auf ausländische Gelder angewiesen ist. Im Dezember schlossen die Pariser Behörden ein Abkommen mit der Bank of China, um das riesige Defizit der französischen Sozialversicherung zu decken. Peking finanziert nun erstmals einen Teil der französischen Renten. Und wer würde daran schon Kritik üben wollen? (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 7.1.2015)