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Nicht nur "Nähe und Verwurzelung", Die sozialdemokratische Justizministerin und neue Präsidentin Simonetta Sommaruga will die Schweiz zwischen Tradition und Weltoffenheit positionieren.

Foto: REUTERS / Thomas Hodel

Ihre Neujahrsansprache ließ die Schweizer Bundespräsidentin auf dem Wochenmarkt vor dem Berner Bundeshaus aufzeichnen: Hier kauft die Politikerin gern ein. "Ich kenne die Stände, ich kenne die Leute hinter den Ständen, ich weiß, wer den besten Käse hat und wer die schönsten Blumen verkauft", sprach Simonetta Sommaruga, die seit 1. Jänner für ein Jahr das Amt führt, in die Kamera.

Der "Märit" vor dem Bundeshaus bedeute für sie Vertrautheit und Nähe. Gleichzeitig stehe er für Globalisierung – auch exotische Früchte gehörten zum Angebot. "Ein Lebensmittelmarkt ist ein Ort, der offen ist für alle. Hier tauschen wir uns aus. Hier ist die Welt zu Hause. Hier erleben wir gleichzeitig Nähe und Verwurzelung." Tradition und Weltoffenheit, für beides stehe die Schweiz.

Simonetta Sommaruga kennt den Markt und die Qualität vieler Waren auch aus ihrer beruflichen Erfahrung: Sie stand lange Zeit der Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz vor und wurde landesweit als Kämpferin für die Rechte der Verbraucher bekannt.

Schon früh zu den Sozialdemokraten

Ihre andere Seite ist die der Kulturliebhaberin: Nach der Matura bildete sie sich zur Konzertpianistin aus und studierte englische und spanische Literatur. Ihr Ehemann ist Autor Lukas Hartmann, der Romane wie Die Deutsche im Dorf oder Die letzte Nacht der alten Zeit geschrieben hat und durch Kinderbücher wie Die wilde Sophie bekannt wurde. Gemeinsame Kinder haben die beiden nicht.

Schon als Studentin trat die heute 54-Jährige der Sozialdemokratischen Partei bei. Sie gehört dem gemäßigten Flügel der SP an, der sich für eine pragmatische Zusammenarbeit mit den anderen Parteien einsetzt. In einem parteiintern umstrittenen Manifest sprach sie sich für ein besseres Zusammenspiel von Markt und Staat aus, forderte Wettbewerb bei öffentlichen Dienstleistungen und ein Gleichgewicht sozialpolitischer Rechte und Pflichten.

Klar, korrekt und konsensfähig – die gelernte Pianistin trifft meist den richtigen Ton. Aber sie wirkt auch kühl und nüchtern. Als 39-Jährige schaffte Sommaruga die Wahl ins nationale Parlament; seit 2010 ist sie Justizministerin. Zu ihren Dossiers gehören die Ausländer- und die Flüchtlingspolitik, wo sie der Forderung der nationalkonservativen SVP nach einem schärferen Kurs bisher widerstanden hat. Auch die Umsetzung der im Februar angenommenen Antizuwanderungsinitiative obliegt ihr. Sie muss eine Lösung finden, die auch die EU akzeptieren kann. (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, 5./6.1.2015)