DSV-Coach Schuster kennt die Schwäche der Springer.

Innsbruck - Ziemlich geknickt brachen Deutschlands Skispringer am Freitag zu den beiden Auswärtsspielen bei der Vierschanzentournee auf. "Man muss ganz nüchtern feststellen, wir waren noch nicht so weit", sagte Bundestrainer Werner Schuster nach den Lehrstunden in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen.

Die Zahlen sind für den 45-jährigen Kleinwalsertaler ernüchternd. Statt, wie erhofft, um den ersten deutschen Tourneesieg seit Sven Hannawalds Triumph 2001/02 mitzuspringen, findet sich zur Halbzeit kein Schützling Schusters unter den besten Zehn der Gesamtwertung. Severin Freund und Richard Freitag, beide in dieser Weltcupsaison bereits siegreich, liegen mit jeweils mehr als 45 Punkten Rückstand auf Stefan Kraft auf den Plätzen zwölf und 13. Schusters einzige Erklärung: "Bei besonderen Events scheint die Stressresistenz nicht gegeben zu sein." Das Problem liege wohl in den Köpfen.

Vor einer Woche hatte sich der einstige Stamser Trainer von Gregor Schlierenzauer für seine Mannschaftsolympiasieger noch den schönsten Hoffnungen hingegeben. Sein Optimismus sei auch durchaus realistisch gewesen, "ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft ein Stück weiter ist". Unter Stress breche allerdings das System seiner besten Flieger zusammen. "Für den Alltagsgebrauch bei den Rentieren in Kuusamo reicht es, für die Tournee noch nicht."

Freund wirkte angesichts der Plätze 13 und zehn in der ersten Halbzeit ratlos. "Wir versuchen jedes Jahr, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Aber es war nicht meine letzte Tournee, deswegen werde ich es nächstes Jahr wieder genauso versuchen", sagte der Bayer. Mehr als die Hoffnung auf ein gutes Tagesergebnis ist dem 26-Jährigen nicht geblieben. Allerdings schaffte er es bisher weder in Innsbruck noch in Bischofshofen auf das Podest. Dem Kollegen Freitag (23) liegen die beiden Bakken eher noch weniger. Die besten Ergebnisse des Thüringers waren ein elfter (Bergisel) und ein zehnter Platz (Bischofshofen).

Schuster erweiterte noch ein wenig die Wundränder seiner besten Leute. "Severin und Richard haben schon einiges gewonnen. Aber für die Big Points muss man als Gesamtpersönlichkeit echt weit sein, um hier zehn, zwölf Tage lang im richtigen Moment die richtigen Sprünge abliefern zu können."

Für seine eigene Arbeit im deutschen Skiverband (DSV) hat Schuster immerhin gute Argumente. Als er im März 2008 den Posten des Bundestrainers übernahm, hatte die deutsche Skispringerei eine Saison mit gerade zwei Podestplätzen hinter sich. In der vergangenen Saison waren es inklusive Olympiagold 16.

Immerhin bieten die kommenden zwei Springen Chancen. "Fast alle können noch ihr bestes Tourneeresultat erzielen." Bei Freund ist das der siebente, bei Freitag der zehnte Gesamtrang. Selbst das, schwant Schuster, "wird eine Herkulesaufgabe." (sid, lü, DER STANDARD, 3.1.2015)