Eine "neue Dimension der Grausamkeit" stellt ein Vertreter der EU-Grenzschutzbehörde Frontex fest. Sie besteht darin, dass die internationale Schleppermafia nun nicht mehr kleinere Boote auf den Todestrip über das Mittelmeer schickt, sondern ausgewachsene Frachter mit fast bis zu tausend Flüchtlingen an Bord. Irgendwann werden diese Seelenverkäufer sich selbst überlassen. Die Mannschaft und die Offiziere verschwinden, und ein manövrierunfähiges, führerloses Schiff treibt auf hoher See herum.

In den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester wurden zwei solcher potenziellen Todesfrachter von der italienischen Küstenwache gerettet. Eines mit 450 Menschen an Bord, ein anderes mit 970 überwiegend syrischen Kriegsflüchtlingen. Beide trieben auf die italienische Küste zu.

Da pro Flüchtling mehrere Tausend Euro verlangt werden, ist das ein Millionengeschäft. Die Verbrecher haben keine Skrupel, die Leute ertrinken zu lassen, was schon zu zehntausenden Toten in den letzten Jahren geführt hat. Es wird Zeit, dass eine internationale Aktion dem Einhalt gebietet. Vor der ostafrikanischen Küste ist die Piraterie durch internationale Kriegsschiffe praktisch zum Erliegen gekommen. Gegen verdächtige Schiffe gerichtete Stopp- und Durchsuchaktionen durch die Kriegsmarinen der Anrainerstaaten und der EU wären ein erster Schritt gegen diese neue Form der Piraterie.(Hans Rauscher, DER STANDARD, 3.1.2015)