Beinahe hätte man im Herbst schon annehmen können, dass die ÖVP schon genauso untersuchungsfreudig ist wie die Opposition: U-Ausschuss-Reform eifrig mitverhandelt und friedlich paktiert, dann als allererste Partei das gesamte Team für das anstehende Hypo-Gremium nominiert und auch noch den schwarzen Sanktus für eine Untersuchung zu den Missständen in der Haftanstalt Stein garantiert.

Doch kurz vor Weihnachten zog der Klubchef plötzlich den letzten guten Vorsatz für das neue Jahr zurück, weil er die Kapazitäten des Parlaments bedroht sah. Keine Frage: Zwei Enquetekommissionen, eine zu Hospiz und Sterbehilfe sowie eine zur Demokratiereform, dazu ein hyperaufwändiger U-Ausschuss sind für das Hohe Haus alles andere als ein Micky-Maus-Programm. Doch wer die Bilder allein von den Füßen des verwahrlosten Häftlings in Stein gesehen hat, weiß, dass es um die Kapazitäten in den Justizanstalten noch schlechter bestellt ist. In den Hafträumen sind mitunter mehr als vier Personen zusammengepfercht, wegen Personalknappheit leiden die Insassen unter langen Einschlusszeiten, oft schon ab 15 Uhr.

Wenn die ÖVP nun tatsächlich ihr Wort bricht, wollen die Grünen den Druck erhöhen. Erfahrung, wie das geht, haben sie ja: Vielleicht braucht es zuerst eine Petition, später vielleicht eine Stein-U-Kommission - bis die Partei, die in Serie die letzten Justizminister stellte, doch umdenkt. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 3.1.2015)