Bild nicht mehr verfügbar.

Bedrohter Lebensraumtyp Moor: Überzogene Nutzungsansprüche gefährden die biologische Vielfalt in der Natur- und Kulturlandschaft.

Foto: APA/Litzlbauer

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Eremit ist ein seltener Käfer - ihm kommt in Österreich zusehends der Lebensraum abhanden, wird in dem Bericht an die EU kritisiert.

Foto: dpa/Niedersächsische Landesforst

Wien - Für Eremiten wird es eng in Österreich. Denn die Lebensräume, in denen dieser größte Vertreter der Rosenkäfer - Osmoderma eremita - vorkommt, schrumpfen. Im neuen Naturschutzbericht, der gemäß Artikel 17 der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) erstellt wurde, ist der Eremit in ganz Österreich gefährdet - sowohl Verbreitung als auch Population, Habitat und Zukunftsaussichten werden durchwegs als "schlecht U2" eingestuft. "Hauptgefährdungsursachen sind zum einen der Verlust von Einzelbäumen mit Mulmhöhlen als auch der Verlust oder die Fragmentierung von geeigneten Lebensräumen", schreibt das Kuratorium Wald zur Auswertung der vom European Topic Centre on Biological Diversity veröffentlichten Daten.

Und wie dem Käfer geht es ganzen Lebensraumtypen.

In der kontinentalen Region (also jenen Gebieten, die nicht zum alpinen Raum zählen) wurde fast die Hälfte der Lebensraumtypen mit "schlechter Erhaltungszustand" bewertet. Das ist laut internationalen Kriterien die schlechteste von drei Stufen. Diese beginnen mit "günstig (FV)", gehen weiter mit "unzureichend (U1)" und enden eben mit "schlecht (U2)".

Nur vier Prozent der Lebensraumtypen in gutem Zustand

Nur vier Prozent der Lebensraumtypen in der kontinentalen Region Österreichs werden mit "günstiger Erhaltungszustand (FV)" beurteilt. In der kontinentalen Region Österreichs ist der allgemeine Nutzungsdruck auf die Lebensräume höher als in der alpinen Region, was sich in der Bewertung der Erhaltungszustände deutlich niederschlägt.

Moor- und Graslandschaften werden generell schlechter eingestuft als andere Lebensräume - obwohl Naturschützer schon seit Jahrzehnten darauf hinweisen, dass für die Moore ein besonderer Schutzbedarf besteht. Bei den Moorökosystemen sind die Ursachen für diese schlechte Bewertung beispielsweise in Beweidung, Düngung, Veränderung der Hydrologie (etwa durch Drainagierung) sowie Aufforstungen zu suchen.

Grünland verliert Vielfalt

Bei Gras- und Grünlandschaften können die (von Experten des österreichischen Umweltbundesamtes UBA durchgeführten) schlechten Benotungen vor allem auf die Intensivierung der Landwirtschaft zurückgeführt werden. Pestizideinsatz, Düngung und mehrschürige Mahd lassen die biologische Vielfalt zurückgehen - im intensiv genutzten Grünland wächst halt vor allem das, was Ertrag bringt.

In den Bereichen, wo mit ausreichenden Erträgen aus der landwirtschaftlichen Nutzung nicht gerechnet werden kann, ist die Natur ebenfalls gefährdet. Denn das, was wir als "natürliche Landschaft" wahrnehmen, ist in Wirklichkeit aus jahrhundertelanger agrarischer Bewirtschaftung entstandene Kulturlandschaft - mit schützenswerter Zusammensetzung von Pflanzen- und Tiergesellschaften. Lohnt es nicht mehr, eine Wiese zu mähen oder Vieh dort grasen zu lassen, verbuscht sie (langfristig würde ein Wald entstehen) und typische Tiere und Pflanzen verlieren ihren angestammten Lebensraum.

Artenschwund, wo Landwirtschaft nicht lohnt

Das heißt: Nicht nur die Intensivierung der Landwirtschaft bedroht die Vielfalt der Gras- und Grünlandschaften - andererseits wirkt sich auch die Einstellung einer traditionellen extensiven Nutzung negativ auf diese Ökosysteme aus.

In der alpinen Region sieht es etwas besser aus: Dort gilt der Erhaltungszustand von 23 Prozent als günstig (FV), bei 41 Prozent ist die Stufe U1 und nur bei 29 Prozent die schlechteste Stufe U2 erreicht.

Und wie geht es dem Wald?

Schlecht, sagt der Bericht. In der alpinen Region wird 14 Prozent der Waldlebensraumtypen ein günstiger Erhaltungszustand zugebilligt - gut bewertet werden lediglich drei Waldtypen: der alpine Lärchen- und/oder Arvenwald, der montane und subalpine Bergkiefernwald und die submediterranen Kiefernwälder mit endemischen Schwarzkiefern.

Keine gesunden Wälder im Flachland

52 Prozent der alpinen Waldökosysteme weisen einen unzureichenden und 29 Prozent einen schlechten Erhaltungszustand auf. Äußerst ungünstig fällt die Beurteilung der Wälder in der kontinentalen Region aus: Bei 56 Prozent der Lebensräume wurde der Zustand mit unzureichend, bei 39 Prozent mit schlecht bewertet. In der kontinentalen Region befindet sich also kein Waldlebensraumtyp in einem günstigen Erhaltungszustand.

Einen Lichtblick gibt es, wo (fast) nichts wächst: Felsökosysteme wurden in dem Naturschutzbericht relativ gut bewertet. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 3.1.2015)