Die Fähre hatte am Weg nach Italien nahe Korfu zu brennen begonnen.

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Starker Wind und hoher Seegang behinderten die Rettungsaktion.

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Rom - Die Vorwürfe der Passagiere der "Norman Atlantic" wurden lauter. "Die Crew war nicht anwesend, es gab keinen Ansprechpartner, niemanden, der Informationen hatte, der einen beschützt hat", meinte eine Überlebende aus Deutschland. "Feuer, Geschrei, Blut, Prügeleien: Ich habe Menschen gesehen, die in Panik vor den Flammen ins Meer gesprungen sind", berichtete der Vorarlberger Cengiz Hazir.

"Gott sei Dank ist alles zu Ende. Es war ein schlimmer Albtraum, ich wünsche niemandem, dass er so etwas erleben muss", sagte Hazir. Die größte Sorge habe er um seine herzkranke Mutter gehabt. Sie zählte zu den ersten Passagieren, die per Helikopter die brennende Fähre verlassen konnten.

Österreicher auf der Heimreise

Alle drei Österreicher, die den Brand an Bord der Autofähre am Sonntag überlebt haben und am Dienstagabend in Brindisi eingetroffen waren, konnten mittlerweile die süditalienische Hafenstadt verlassen und die Heimreise antreten. Schneefall hatte einen direkten Abflug verhindert. Der Vorarlberger, seine Mutter und ein Salzburger stiegen am Mittwoch in ein Flugzeug nach Rom, von dort werden sie nach Österreich weiterreisen, berichtete Personal der österreichischen Botschaft in Rom.

Die albanischen Behörden haben unterdessen das Abschleppen der ausgebrannten Fähre nach Italien genehmigt. Das Wrack wurde am Mittwoch in der süditalienischen Stadt Brindisi erwartet. Befürchtet wurde, dass in den Decks mehr Opfer sind, da sich auf der Fähre laut Behörden blinde Passagiere versteckt hatten.

13 Tote

Das Feuer war am Sonntag nordwestlich der griechischen Insel Korfu im Fahrzeugdeck ausgebrochen. 427 Menschen wurden nach mehr als 36 Stunden voller Angst und Panik gerettet, mindestens 13 Menschen starben, darunter zwei Einsatzkräfte. Die Abschleppaktion des Schiffs der griechischen Anek Lines gestaltete sich wegen hoher Wellen und schlechtem Wetter sehr schwierig.

Der Kapitän Argilio Giacomazzi wurde nach der Ankunft in Brindisi in der Nacht mehr als fünf Stunden befragt. Gegen ihn und die italienische Reederei Visemar, die das Schiff verchartert hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und Herbeiführens einer Havarie. Laut Nachrichtenagentur Ansa erklärte der Kapitän, zunächst wie vorgesehen die Besatzung alarmiert und dann - um keine Panik auszulösen - den Alarm im ganzen Schiff ausgelöst zu haben. Passagiere hatten kritisiert, dass es keinen Alarm auf der Fähre gegeben habe.

Spekuliert wird weiter über die Ursache des Feuers, das im Fahrzeugdeck ausbrach. Dort waren laut Zeugen viele Laster mit Olivenöl geparkt. Spekulationen, wonach blinde Passagiere sich mit einem Feuer wärmen wollten und so den Brand auslösten, bestätigten die Behörden bisher nicht.

Vollbeladen mit Öl

Alles sei voll mit Olivenöl gewesen, sagte auch die Münchnerin Kilger. Auch sie sei mit einem Bekannten aus München in Griechenland zur Olivenernte gewesen. Beim Betreten des Schiffes habe sie bereits ein schlechtes Gefühl gehabt, sagte die 54-Jährige. "Das Schiff war alt und klein, nicht wie eine richtige Fähre." Eigentlich hätten sie ein anderes Schiff gebucht.

"Eine Rauchwolke hat uns geweckt, wir sind sofort aufs Deck rausgelaufen", schilderte der Vorarlberger. "Das Schiff war überladen. Ich vermute, dass ein Kabel gebrannt und das Feuer ausgelöst hat. Wir haben furchtbar viel Rauch eingeatmet", sagte Hazir.

Zwei ebenfalls gerettete Tiroler werden am Mittwoch nach Österreich zurückkehren. Dies sagte einer der beiden Passagiere, Mehmet Ali Güyen, in einem Telefonat. Die nicht miteinander verwandten Tiroler waren zur Abklärung in einem Krankenhaus in der griechischen Kleinstadt Igoumenitsa. Er könne derzeit nicht schlafen und habe Angst, stand der im Zillertal wohnhafte zweifache Familienvater noch ganz unter dem Eindruck der schrecklichen Ereignisse. Immer wieder würden ihm die Bilder mit Rauch und Feuer ins Gedächtnis kommen. "Ich habe gedacht, ich sterbe", meinte der Tiroler. Deshalb habe er auch noch seine Frau angerufen, um sich von ihr zu verabschieden.

Er habe gerade in der Kabine geschlafen, als er am Sonntag um rund 3.00 Uhr den Brand wahrgenommen habe. Niemand habe nähere Auskunft geben können, auch nicht der Kapitän. Dieser sei auch unter Schock gestanden. Zwischenzeitig habe er nur noch den Sprung ins Wasser als einzig möglichen Ausweg gesehen. 14 Stunden lang habe er daraufhin auf die erlösende Rettung gewartet. Diese kam schließlich in Form eines Helikopters, der ihn zu einem Rettungsschiff ausflog. (APA, 31.12.2014)