Das Landesgericht für Strafsachen Wien sowie die Staatsanwaltschaft Wien bestätigten STANDARD-Informationen, wonach am Montagnachmittag die Mordanklage gegen den kasachischen Ex-Botschafter Rachat Alijew bei Gericht eingebracht wurde.
Näheres über die Anklageschrift konnte vorerst nicht in Erfahrung gebracht werden, da die Anklage den zuständigen Rechtsanwälten erst zugestellt werden muss. Laut Christina Salzborn, Sprecherin des Landesgerichts, wurde die Zustellung bereits verfügt, es gebe auch einen zuständigen Richter. Es ist anzunehmen, dass die Anklageschrift in den kommenden Tagen in den Rechtsanwaltsbüros eintreffen wird.
Erst am Montag wurde bekannt, dass die U-Haft Alijews um weitere zwei Monate verlängert wurde. Gegen die Entscheidung der Haftprüfungsverhandlung am 23. Dezember hätten die Verteidiger Alijews eine Beschwerde eingebracht. Über diese muss das Oberlandesgericht (OLG) Wien entscheiden. Schon zuvor hatten die Verteidiger Alijews Beschwerde gegen die U-Haft eingelegt. Dieser wurde im September laut einer Entscheidung des OLG Wien unter anderem wegen dringenden Tatverdachts sowie Fluchtgefahr aber nicht Folge gegeben.
Seit Juni 2014 in U-Haft
Alijew, der seit seiner Heirat Shoraz heißt, sitzt seit Juni 2014 in U-Haft. Gegen den Ex-Schwiegersohn des autokratischen kasachischen Staatschefs Nursultan Nasarbajew wird wie berichtet von der Staatsanwaltschaft unter anderem wegen der mutmaßlichen Entführung und Ermordung von zwei kasachischen Bankmanagern 2007 in Kasachstan sowie wegen Geldwäsche ermittelt.
Vor der Anklageerhebung wurde der Weisenrat im Justizministerium aktiv, weil eine Befangenheit von Justizminister Wolfgang Brandstetter vorlag. Brandstetter hatte Alijew als Rechtsanwalt von 2007 bis 2011 in verschiedensten Fällen vertreten. Der Weisenrat genehmigte die formelle Anklageerhebung.
Die Causa Alijew gilt als politisch brisant und besonders heikel. Gegen Gabriel Lansky, der nach eigenen Angaben die Witwen der mutmaßlichen Opfer vertritt, ermittelt die heimische Justiz wegen Spionage für den kasachischen Geheimdienst. Dieser soll in Wahrheit hinter dem Opferverein "Tagdyr" stecken. Lansky weist die Vorwürfe vehement zurück.
Im Vorstand von "Reporter ohne Grenzen"
Zudem wurden über den Auftrag einer PR-Agentur, die für die Kanzlei Lansky tätig ist, bis 2013 rund zwei Jahre lang unter anderem tausende negative Postings in Internetforen gegen Alijew verfasst. Lansky sitzt im Vorstand der NGO Reporter ohne Grenzen. Dem STANDARD ließ Lansky Anfang Dezember ausrichten, dass er keinen Grund sehe, sich zurückzuziehen.
Alijews Anwalt Stefan Prochaska kritisiert, dass in der Causa zahlreiche belastende Beweise manipuliert worden seien. Er fordert die Untersuchungshaft für Lansky, seinen einstigen Kanzleipartner. Lansky sprach von einer "Verleumdungsaktion" und leitete nach eigenen Angaben juristische Schritte gegen Prochaska ein. (David Krutzler, derStandard.at, 30.12.2014)