Don Collier alias Wardaddy blickt besorgt aus seinem Tiger-Tank: Hollywood-Superstar Brad Pitt spielt in David Ayers "Herz aus Stahl" das dreckige Dutzend in einer Person.

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Wien – Ein Panzer ist ein U-Boot auf dem Trockenen. Wer in so einem Stahlkäfig sitzt, hat einen schlechten Überblick und muss beten, dass der Himmel nicht einstürzt. Der Himmel, das ist die Luke, die nach oben führt. Panzersoldaten haben auch eine Religion. Sie verehren das heilige Kanonenrohr. "Fury" steht auf dem Rohr des amerikanischen Tiger-Tanks, der in David Ayers Kriegsfilm "Herz aus Stahl" (beziehungsweise im Original eben: "Fury") die "Hauptfigur" ist.

"Fury", das heißt Wut, man könnte auch sagen: biblischer Zorn. Denn es sind die letzten Wochen im Kampf gegen die Nazis, und die tun noch immer alles, um sich in den Augen der Welt vollkommen unmöglich zu machen. Es braucht also noch die eine oder andere todesverachtende Mission, um diesen Weltkrieg zu beenden. Und es ist das zweifelhafte Verdienst von David Ayer, dass er aus dieser Phase des Kriegs noch einen Opfergang zu erzählen hat, wie er eigentlich eher auf die andere Seite gepasst hätte: ein "Kolberg" auf Kettenrädern. Oder doch ein "Alamo" mit Wutkämpfern?

Brad Pitt ist der Vorsitzende der Besatzung des Panzers mit dem inoffiziellen Namen Fury. Don Collier wird von allen nur Wardaddy genannt, er ist eine Autoritätsfigur, die ihre Verwüstungen schon bald erkennen lässt. Ein junger Soldat, ein Rookie namens Norman, wird der Gruppe zugeteilt. Er wird von Wardaddy in der ersten großen Szene des Films gezwungen, einen Deutschen zu töten, und zwar gegen alle Regeln.

Ayer will uns damit vermutlich zwei Dinge sagen: Auch als der Krieg schon fast gewonnen war, war er noch so total, wie Goebbels ihn wollte, und wenn am Ende vielleicht doch noch das eine oder andere Fünkchen Menschlichkeit zu finden ist, dann hat das mit dem Vermögen der amerikanischen Soldaten zu tun, tief in ihrem Innersten zu schürfen.

Im Innersten der härtesten Hunde wohnt nämlich ein edler Mensch. Dem muss aber erst einmal der Zynismus weggeschossen werden. David Ayer, der mit dem Drehbuch zu Jonathan Mostows "U-571" (2000) in Hollywood Fuß fasste, zielt mit "Herz aus Stahl" deutlich auf eine pessimistische Korrektur des Idealismus eines Steven Spielberg.

Wenn sein Film aber zu überdeutlich nach "Saving Rookie Norman" aussieht, minus die große Showkriegssequenz, für die ein Regiedebütant nicht genügend Geld bekommt, dann hat das viel mit Brad Pitt zu tun, der diesen Film tatsächlich herumkommandiert, als wäre er immer noch im Krieg. Der Superstar, der sich mit Ehrgeiz eine bedeutsame Karriere zurechtzuproduzieren versucht ("Jesse James", "Inglourious Basterds"), spielt hier das dreckige Dutzend in einer Person und vollzieht dabei einmal mehr das zentrale Manöver der höheren Eitelkeit: Einer muss eben den Ungustl machen.

Spiegelei und Stahlbad

In der zweiten zentralen Szene, bevor es ins Stahlbad geht, sorgt Wardaddy Pitt sogar für die gerechte Verteilung der Kulturgüter (Spiegeleier, Geschlechtsverkehr), ganz getreu der Devise, dass wir es hier mit einem Film zu tun haben, dessen eigentlicher Regisseur sich vor der Kamera befindet.

Von Shia LaBeouf, der eine tragende Nebenrolle hat, wird überliefert, er hätte sich während der Dreharbeiten zum christlichen Glauben bekehrt. Konsequenter kann man diesem peinlich pathetischen, verquer triumphalistischen, ganz aus der Zeit gefallenen Platoon-Film nicht entsprechen, als mit Auslieferung an einen langhaarigen Erlöser. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 29.12.2014)