Absolut kontraproduktiv": Die Reaktion Moskaus auf die Weichenstellung des ukrainischen Parlaments für einen Nato-Beitritt des Landes war zu erwarten. Mit ähnlichen Warnungen und kaum verhüllten Drohungen hat Russland bisher jede Osterweiterung der westlichen Allianz - übrigens auch den EU-Beitritt des neutralen Österreich - zu verhindern versucht.

Und noch ein historischer Hinweis: Die Behauptung der russischen Führung, der Westen habe im Gegenzug für die deutsche Wiedervereinigung explizit auf eine Nato-Osterweiterung verzichtet, wird selbst vom damaligen Sowjetführer Michail Gorbatschow als "Mythos" bezeichnet.

Eine solche Zusage hätte auch westlich-demokratischem Selbstverständnis widersprochen: Jedes Land hat das souveräne Recht, seine Sicherheitspolitik zu bestimmen.

Was die Ukraine betrifft, so kam die Entscheidung für den Blockfreien-Status 2010 vor allem auf Druck Moskaus zustande. Tatsache ist aber auch, dass jede ukrainische Führung seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, ausgenommen jene unter Präsident Wiktor Juschtschenko, eine Schaukelpolitik zwischen Ost und West praktizierte.

Das ist historisch verständlich, hat aber keine Stabilität geschaffen. Ein Land von der Größe, Lage und inneren Verfasstheit der Ukraine ohne klare außenpolitische Orientierung ist ein sicherheitspolitisches Vakuum mit entsprechender Saugkraft. Die aktuelle Krise beweist es. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 27./28.12.2014)