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Das rot-weiß-rot bemalte Gesicht von Gernot Diethart war das Gesicht der Tournee 2013/14. Der Sieger der Tournee war Gernots Sohn Thomas. Das Plüschschweinderl der Tournee hatte ihnen Glück gebracht. Foto: Reuters/Dalder

Foto: REUTERS/Michael Dalder

Oberstdorf/Wien - Ob es das verflixte siebente Jahr wird? Einiges deutet darauf hin, dass sich Österreichs Siegesserie bei der Vierschanzentournee ihrem Ende zuneigt. Seit 2008/09 haben die Österreicher dank Wolfgang Loitzl, Andreas Kofler, Thomas Morgenstern, zweimal Gregor Schlierenzauer und Thomas Diethart sechs Gesamterfolge en suite davongetragen. Bei der 63. Tournee-Auflage, die am Sonntag in Oberstdorf anhebt, sind die Favoriten freilich andere - allen voran die Deutschen, die seit Sven Hannawald (2002) leer ausgingen und auf Severin Freund hoffen, sowie die Norweger, die mit Anders Fannemel den Weltcup-Führenden ins Rennen schicken, und der Schweizer Simon Ammann, der alles gewonnen hat, nur die Tournee noch nicht.

Von den Österreichern sieht Michael Hayböck am hoffnungsvollsten, weil sehr konstant aus. Und natürlich ist Gregor Schlierenzauer stets etwas, ergo alles zuzutrauen, wie er vor drei Wochen in Lillehammer bewies, wo er erstmals mit neuer Bindung triumphierte und seinen 53. Weltcupsieg feierte. Besonders spannend wird die Performance von Thomas Diethart, der vor einem Jahr wie ein Phönix aus der Asche des Continental-Cups zum Tournee-Gesamtsieg aufstieg. Mit den Rängen drei, eins, fünf und eins verwies der Niederösterreicher Thomas Morgenstern und den Schweizer Simon Ammann auf die Plätze. Das rotweißrot bemalte Gesicht von Papa Gernot Diethart wurde zum Gesicht dieser Tournee, und das Plüschschweinderl, das Papa Gernot in jedem Zielraum drückte, wurde zum Plüschschweinderl der Tournee.

Bei den TV-Interviews ging Gernot der Mund förmlich über, er lachte und weinte, und er erzählte von den langen Autofahrten zu Trainings und Wettkämpfen und von den vielen Übernachtungen, bei denen man gespart habe. "Wir sind aus dem Kofferraum gekrochen, dann ist Thomas trainieren gegangen."

Es hat sich, sagt Gernot Diethart nun, "nicht viel geändert" in diesem Jahr, das dem Buben noch eine Olympia-Silberne mit der Mannschaft bescherte. "Wir sind, wer wir sind, wir arbeiten, was wir arbeiten, und wir wohnen, wo wir wohnen." Nämlich in Michelhausen bei Tulln. Ab und zu wird Gernot auf der Straße gefragt, wie es dem Buben gehe. Doch er könne nicht viel berichten. "Dass es momentan nicht so läuft, ist halt so." Und dass er, Gernot, den Buben diesmal nicht begleiten kann, ist halt ebenfalls so. Müssen andere das Plüschschweinderl und die Daumen drücken.

Ganz kurz hat es fast danach ausgesehen, als könnte der Titelverteidiger gar die Tournee verpassen. Doch ein guter Sprung zuletzt hat Diethart gereicht, um Wolfgang Loitzl abzuhängen, es war jener Sprung, mit dem er sich im ersten Engelberg-Springen vom 28. auf den 17. Platz verbesserte. "Nach diesem Sprung", sagt Gernot Diethart, "hab ich im Gesicht vom Thomas wieder diese absolute Freude gesehen." Und der Vater hofft, dass dem Buben die kurze Weihnachtspause, dass ihm die Tage daheim gutgetan haben, dass er auch die Nebenhöhlengeschichte, die ihm zu schaffen machte, einigermaßen auskuriert hat. Im doppelten Sinne ist es nämlich so, "dass es ganz schnell ganz super laufen kann, wenn nur der Kopf wieder frei ist".

ÖSV-Cheftrainer Heinz Kuttin ist jedenfalls überzeugt davon, "dass der Thomas in Oberstdorf ganz frisch daherkommen wird". Diethart sei im Sommer auf demselben Level wie Hayböck und Schlierenzauer gesprungen, habe aber "nach einem schwierigen Wettkampfstart plötzlich kämpfen müssen". Nun hofft Kuttin, dass sich der 22-Jährige schlicht an die Vorsaison erinnert, zur Lockerheit zurückfindet. "Jetzt kommen diese Schanzen", sagt Kuttin. "Seine Schanzen." (Fritz Neumann, DER STANDARD, 27.12.2014)