Ein von Churchill gemaltes Blenheim-Interieur spielte bei Sotheby's 1,36 Millionen Euro ein, ...

Foto: Sotheby's

... Sir Oswald Birleys Porträt des historischen Politikers (1,79 Mio. Euro) wechselte ebenso in der Auktion den Besitzer ...

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... wie sein Regierungskoffer (rund 199.000 Euro) aus rotem Leder.

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Der Mythos Winston Churchill ist ungebrochen: Memorabilia, Aktenkoffer, Erstausgaben, vor allem aber Gemälde des britischen Kriegspremiers (1874-1965) kamen jetzt bei Sotheby's in London (17. 12.) unter den Hammer. Posthum genießt der Staatsmann nun als Künstler endgültig Anerkennung: Die 15 stilistisch dem Stil des Spätimpressionismus zuordenbaren Gemälde mit Motiven aus England erzielten jeweils deutlich mehr als erwartet.

Den höchsten Wert notierte man für Goldfischteich von Chartwell, den er 1932 auf seinem Landsitz in der Grafschaft Kent verewigte. Nach einem heftigen Bietgefecht von fünf Interessenten wechselte das Bild für 2,22 Millionen Euro in eine britische Privatsammlung. Ein neuer Auktionsrekord, der bisherige für einen "echten" Churchill, lag seit 2007 ebenfalls bei Sotheby's (Landschaft mit Schafen, 1,47 Mio. Euro).

Teilweise überstiegen die Zuschläge die Schätzwerte um das Dreifache, etwa auch für die Studie Wandteppiche von Blenheim (1,36 Mio. Euro), dem Stammsitz der Familie Marlborough, wo Churchill im November 1874 geboren war.

Spätberufener Maler

Erst im späten Alter von 40 Jahren griff der gelernte Soldat und Politiker erstmals zum Pinsel, mitten im Ersten Weltkrieg nach seiner Entlassung aus dem Amt des Marineministers. Zu seinen Kunsterziehern gehörten die Maler William Nicholson, Walter Sickert und Oswald Birley, von denen sich ebenfalls Gemälde und Zeichnungen im Auktionsangebot befanden. Allesamt stammten sie aus dem Nachlass von Churchills jüngster Tochter Mary Soames, die im Frühjahr 91-jährig verstorben war. Eine Offizierin im Zweiten Weltkrieg, Diplomatengattin, Sachbuchautorin, hochdekorierte Trägerin des Hosenbandordens, eine "Tochter der Geschichte", so der Titel der Auktion, bei der sämtliche der 256 offerierten Objekte verkauft wurden, zum Gegenwert von umgerechnet 19,5 Millionen Euro insgesamt.

Das lag nicht nur an den Gemälden des berühmten Vaters. Die Churchill-Fans balgten sich auch um Porzellan, einen Humidor, gerahmte Fotos. Ein roter Regierungskoffer des damaligen Ministers für die Kolonien erzielte sagenhafte 199.000 Euro, das 30-fache der angesetzten Taxe.

Verzicht auf Erbschaftssteuer

Dennoch stand die Malerei im Mittelpunkt des Abends. Dabei hatte er sich stets wenig schmeichelhaft über seine Fähigkeiten geäußert, sein Hobby aber in dem berühmten Essay Malen als Freizeitbeschäftigung liebevoll beschrieben. "Glücklich sind die Maler, denn sie werden nie einsam sein" , heißt es darin, "Licht und Farbe, Friede und Hoffnung werden ihn bis ans Ende des Tages Gesellschaft leisten - oder fast bis ans Ende."

Über Soames' Schreibtisch hing jahrelang ein Porträt ihres Vaters aus Birleys Hand, ein anonymer Käufer erwarb es für 1,8 Millionen Euro. "Ruhig und großmütig" sehe ihr Großvater darauf aus, findet Emma Soames. Die Tochter der Verstorbenen beobachtete den eifrigen Wettstreit ebenso wie ihr Bruder Nicholas, ein konservativer Unterhausabgeordneter. Der Politiker wies teilnahmsvolle Nachfragen nach dem Verlust des mütterlichen Erbes barsch zurück: Jedes der fünf Soames-Kinder sei auch weiterhin im Besitz von je etwa 25 Gemälden. Tatsächlich hatte der berühmte Großvater rund 500 Kunstwerke hinterlassen. 38 davon hat die Familie Soames der Nation angeboten, im Gegenzug soll das Finanzamt auf einen Teil der Erbschaftssteuer verzichten. (Sebastian Borger, Album, DER STANDARD, 27./28.12.2014)