Wien – Es liegt in der Natur aller grundlegenden Veränderungen, dass sie sich schleichend ereignen. Zizerlweise raubt das Neue dem Alten seinen Platz, nimmt ihm die Luft durch agiles Gehabe, bis nur noch das Glatte, Frische, Gebügelte übrig bleibt. So widerfährt es gerade den osteuropäischen Fernseh-Märchen.

Noch vor fünf Jahren war das Weihnachtsprogramm voll mit dieser patinierten Gegenveranstaltung zur disneysierten Kinderwelt. Die schönsten Märchenfilme aus Defa- und russischer Produktion von Dornröschen über Die Prinzessin und der Abendstern und Der Froschkönig liefen den ganzen lieben Heiligabend. Man konnte sich nicht satt sehen.

Doch der neue HD-Highspeed verträgt sich nicht mit analoger Gemächlichkeit, weshalb insbesondere die ARD hochglänzenden Märchenramsch en gros produziert und mit altem Stoff austauscht. Ein unschätzbarer Verlust, der nicht genug zu bedauern ist. DER STANDARD widmet seine traditionelle Feiertagtsvorschau deshalb genau diesem schmerzlichen Verschwinden. Die folgenden Tipps tragen samt und sonders das Prädikat "liebevoll".

Die besten aus dem Osten sind am 24. angerichtet: Die ostdeutsche Weihnachtsgans Auguste (9.30 Uhr, RBB), der sowjetrussische Hirsch mit dem goldenen Geweih (13.10, MDR) mit einem Auftritt der sagenhaften Hexe Baba-Jaga.

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Slawische Folklore ist in der Aschenputtel-Version Abenteuer im Zauberwald zu bestaunen (14.15, MDR). Hans-Christian Andersen in tschechoslowakischer und in russischer Poesie bringt der Nachmittag: Der kleine und der große Klaus (14.50, RBB) und Die Schneekönigin (15.30, MDR). Nicht zu vergessen der Klassiker, dem sich selbst erneuerungswütige TV-Sender nicht entziehen können: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (24. 12.15, ARD; 14.35, WDR. 25.: 8.35, BR; 10.35, SWR; 12.30. NDR, 16.25, MDR; 26.: 9.00, RBB).

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Für Freunde ist viel Platz rund um den Lichterbaum: ORF 1 legt am 24. im Hauptabend fünf Weihnachtsfolgen der Simpsons unter die Krippe. ORF 3 beschert mit vier neuen Menschenkindern, am Heiligen Abend erzählt der Papst-Biograf Andreas Englisch. André Heller hört ihm und tags darauf Barbara Coudenhove-Kalergi, am 26. Matthias Hartmann und am 7. Jänner Michael Haneke zu.

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Freunde von Downton Abbey schauen entweder nach Großbritannien, wo neue Weihnachtsfolgen zelebriert werden oder am 26. auf 3sat. In Gosford Park hat Julian Fellowes bereits angedeutet, was Jahre später ein Welterfolg wurde. Die zweite Staffel des unvergleichlichen Sherlock im Ganzen hält Einsplus am 26. bereit.

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Konzerte von Falco und Amy Winehouse
(20.15, Tele 5) könnten jenen dienlich sein, die am 25. lieber zuhören statt reden.

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Rituale sorgen für emotionale Entlastung: Lachen mit Loriot in Weihnachten bei Hoppenstedts (24.: 15.45; 25.: 22.00, RBB), mit Pippi von Bord gehen (24.: 12.10, ZDF), mit Michel in die Suppenschüssel schauen (24.:11.00, ORF 1, 13.30, ZDF) oder

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schmachten mit James Stewart in Ist das Leben nicht schön? (24.: 0.50, ZDF; 26.: 16.55, 3sat) oder

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den Tod des Apachenhäuptlings in Winnetou 3 betrauern (26.: 13.00, WDR): Gehört dazu. Der Tatort lässt übrigens auch nicht aus: Tödliche Weihnachten erlebt Devid Striesow am 26.

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Die lieben Kleinen werden rund um die Uhr bespielt. Umso wichtiger ist bewusste Auswahl: Sehr zu empfehlen ist Der Fuchs und das Mädchen (26.: 10.30, ARD), Fifties-Charme in Der kleine Nick (24.:12.35, Einsfestival), Katharina Thalbach als sprödestes Rumpelstilzchen aller Zeiten (26.: 12.10, ZDF) und Das kleine Gespenst (26.: 15.05, ZDF): Ottfried Preußler neu verfilmt.

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Wissen wird häppchenweise serviert. Versteckte Königreiche präsentiert RTL am 26. in Hidden Kingdoms. Das ZDF stellt das Jesusrätsel (26.: 18.15). Den großen Entdeckern widmet sich Servus TV in Pioniere der Weltmeere (25.: 17.15), Pinguine hautnah beobachtet der Red-Bull-Sender selbentags im Hauptabendprogramm, Tod am K2 in The Summit (26.: 15.35).

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Weihnachten brutal hat auch Tradition: Seit Jahren verzichtet Pro Sieben auf den Weihnachtsfrieden und spielt Stirb langsam. Dieser ist auch Jack Nicholson in Shining nichts wert (26.: 1.10, Kabel eins).

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Besondere Härte müssen all jene mitbringen, die Otto Sander sehen wollen: Er sticht am 26. mit dem Traumschiff in See. (Doris Priesching, DER STANDARD, 24./25./26.12.2014

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