"Focus on Infinity" als Fahrt zu den globalen Aussichtspunkten ins Universum ist ein im besten Sinn besinnlicher Film, der eine gute Botschaft hat: Möglicherweise ist das menschliche Gehirn noch komplexer als der Kosmos.

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Wien – Das Ende der Welt liegt im Norden von Chile. Man kann also durchaus hinfahren, am besten gibt man Pisagua ins Navigationssystem ein. Man wird dann allerdings auch feststellen, dass hinter dem Ende der Welt noch ein paar weitere liegen.

Joerg Burger macht mit seinem Film Focus on Infinity aus der Spannung zwischen Erkenntnisoptimismus und der Überlegenheit des Universums über unsere Hirnkapazität eine schöne Betrachtung: Wo die Formeln nicht reichen, kann man vielleicht wieder zu den Bildern zurückkehren.

Die großen Teleskope, mit denen die Menschen in den Kosmos schauen, bekommen metaphorische Qualität für ein kognitives Missverhältnis. Dazu geben einige Koryphäen aus der Physik Erkenntnisse von sich, häufig aus dem Off: "We have a big post-human future", heißt es da, und es bleibt trotz des ruhigen Flusses der dokumentarischen Erzählung kaum Zeit, sich zu fragen, ob da nicht ein Grammatikfehler vorliegt.

Burgers Fahrt zu den globalen Aussichtspunkten führte ihn nach Chile und Armenien, nach Arizona und Minnesota, und immer wieder unter die Erde.

Die beeindruckendste Figur ist die türkische Schriftstellerin und Journalistin Asli Erdogan, eine Aussteigerin aus dem Physikbetrieb, die wohl Verständnis haben dürfte für die Apachen in den USA, die Unverständnis äußern dar über, dass auch der Vatikan nach draußen horcht. Ist das nicht ein wenig respektlos gegenüber dem Schöpfer?

Focus on Infinity ist ein besinnlicher Film im besten Sinn, und eine gute Botschaft hat er auch noch: Möglicherweise ist nämlich das menschliche Gehirn noch komplexer als der Kosmos.

Das wäre ja was, da wüssten wir ja dann vom Ende der Welt fast noch mehr als von uns selbst! (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 20./21.2014)