Die Streiks beim Versandhändler Amazon werden womöglich an mehreren Standorten in Deutschland fortgesetzt. "Amazon kann sich nie sicher sein, wann und wie lange wir streiken", sagte eine Verdi-Sprecherin am Freitag in Berlin.

Nach Planungen in dieser Woche sollte der Ausstand in den Logistikzentren in Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen am Samstagabend enden. "Aber ausschließen kann man nie etwas", sagte sie. Verdi hatte sich am Standort in Graben (Bayern) bereits früh auf einen Aufruf festgelegt, bis einschließlich Heiligabend die Arbeit niederzulegen.

"Hohe Streikbeteiligung"

Am Freitag wurde die beiden Logistikzentren am größten deutschen Standort in Bad Hersfeld bestreikt. Auch die Lager in Leipzig, Rheinberg und Werne (beide NRW) sind dabei. Nach Angaben von Amazon beteiligten sich 1.000 Mitarbeiter in der Frühschicht an den Protesten. Verdi nannte am Mittag keine Zahlen zur Beteiligung, sprach aber von einer "ungebrochen hohen Streikbeteiligung" auf dem Niveau der Tage zuvor. Am Donnerstag waren es in den sechs von neun Versandzentren 2.400 Mitarbeiter nach Gewerkschaftsangaben, laut Amazon waren es weniger als 2.000.

"Wir müssen den Druck auf Amazon erhöhen", sagte der Verdi-Vertreter Karsten Rupprecht am Freitagmorgen im Rheinberg (NRW). Ursprünglich sollte die am Montag ausgelöste Streikwelle nur drei Tage dauern. Der Ausstand wurde dann aber - abgesehen von Graben - bis Samstag verlängert. Nun scheint eine weitere Fortsetzung möglich. "Wir sind unberechenbar geworden", sagte Rupprecht.

"Die Mitarbeiter sind erbost, dass Amazon den Streik kleinredet."

Nicht entmutigen lassen sich auch die Streikenden in Leipzig. "Die Mitarbeiter sind erbost, dass Amazon den Streik kleinredet. Schon deshalb werden wir nicht nachlassen", sagte Verdi-Sprecher Thomas Schneider. Auch in Leipzig wird eine Fortsetzung nicht ausgeschlossen. Im Laufe des Tages solle entschieden werden, ob der Ausstand auch noch über den Samstag hinaus weitergeführt werde.

Amazon bekräftigte, dass der Streik auf den reibungslosen Versand der Bestellungen keinen Einfluss habe. Das Unternehmen beschäftigt in der Weihnachtszeit neben knapp 10.000 Mitarbeitern noch mal mehr als 10.000 Aushilfskräfte. Die Gewerkschaft sieht hingegen Hinweise auf gestörte Betriebsabläufe bei Amazon. "Kunden berichten uns von Lieferverzögerungen. Und unsere Leute sehen ja, was an Lieferungen an den Standorten liegen bleibt."

Die Gewerkschaft will bei Amazon einen Tarifvertrag zu den Konditionen des Einzelhandels durchsetzen. Amazon lehnt das strikt ab. Der US-Konzern sieht sich selbst als Logistiker. Die Bezahlung der Mitarbeiter in den deutschen Versandlagern liege am oberen Ende dessen, was in der Logistik-Branche üblich sei. Eine Einigung ist nicht in Sicht - Verdi ruft seit 2013 immer wieder zu Ausständen auf. (APA, 19.12. 2014)