Seit 10. Dezember hat die Menschenrechtsstadt einen Menschenrechtsplatz: Neubaus Bezirkschef Thomas Blimlinger (Grüne) und Stadträtin Sandra Frauenberger (SP) bei der Platzeröffnung vor dem Wiener Museumsquartier.

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Wien - Aus mehreren Gründen sei es "ein aufgelegter Elfer", dass sich Wien einem Menschenrechtsstadt-Prozess unterwerfe, heißt es im Büro der Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SP). Mit Einrichtungen wie der Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (Wast) oder einer unabhängigen, weisungsfreien Gleichbehandlungsbeauftragten - derzeit Elisabeth Kromus - sei in der Stadt schon bisher einiges geschehen.

Doch mit dem Beschluss der Deklaration "Wien, Stadt der Menschenrechte" am Freitag im Gemeinderat sei der Weg frei für ein "wachsendes Projekt", in das die Zivilgesellschaft eingebunden und mit dem unter anderem ein Schwerpunkt auf "Menschenrechtsbildung" in Verwaltung und Bevölkerung gesetzt werden soll. Nach Salzburg und Graz wird Wien damit zur dritten österreichischen Menschenrechtsstadt.

Zusammenleben in der Stadt

Laut der Wiener Deklaration, der SP, Grüne und VP zustimmen und die von der FP abgelehnt wird, sind in Wien die Menschenrechte nunmehr Leitlinien aller städtischen Beschlüsse. Sie sollen zu "wesentlichen Prinzipien für die Gestaltung von Prozessen, Strukturen und dem Zusammenleben in der Stadt" werden. 2015 soll ein Maßnahmenpaket erarbeitet und bis Ende 2019 umgesetzt werden.

An prioritären Maßnahmen schwebt verschiedenen Beteiligten Unterschiedliches vor: Wichtig sei, den Fokus auf Armut zu richten, "gerade in einer so reichen Stadt wie Wien", sagt die stellvertretende Bedienstetenschutz-Beauftragte der Stadt, Shams Asadi; nebenberuflich ist sie seit 1999 Menschenrechtskoordinatorin des Landes.

Dialogforum Sicherheit

Unverzichtbar sei "ein Dialogforum Sicherheit und Menschenrechte unter Einbeziehung der Polizei", sagt Grünen-Sicherheitssprecher Nikolaus Kunrath - und erinnert damit an ein Projekt aus der rot-grünen Koalitionsvereinbarung.

Tatsächlich eröffnet der kommunale Menschenrechtsansatz ein riesiges Anwendungsgebiet, wie ein vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte mitorganisiertes ganztätiges Symposium am 10. Dezember zeigte. Von der Nutzung des öffentlichen Raums samt aller Spannungen – Stichwort: Obdachlose – erstreckt es sich über Fragen des sozial und ökologisch verträglichen Wirtschaftens bis hin zu Maßnahmen gegen sozialen Ausschluss.

Grundlegende Studie

"Dass sich Wien diesem Prozess unterwirft, verspricht viel", sagt der Menschenrechtsexperte der Uni Wien, Manfred Nowak; er hat für die Stadt eine grundlegende Studie zum Thema verfasst. Wichtig sei nun aber, "organisatorische Schritte zu setzen". Tatsächlich gibt es für die Menschenrechtsstadt bis dato weder hauptamtliche Ansprechpersonen noch eine eigene Bürostruktur. (Irene Brickner, DER STANDARD, 19.12.2014)