Bremen - Vor 55,5 Millionen Jahren führte ein plötzlicher globaler Temperaturanstieg zu tiefgreifenden Änderungen in den Ozeanen und auf den Kontinenten. Die den aktuellen Klimaveränderungen nicht unähnliche Entwicklung wurden von der Freisetzung einer großen Menge an Kohlenstoff ausgelöst. Wie schnell diese Vorgänge abliefen, war bisher ein Rätsel, das nun ein internationales Wissenschafterteam lösen konnte. Untersuchungen an Bohrkernen zeigten, dass am Beginn dieses Temperaturmaximums zwei separate Ereignisse standen.

In der Erdgeschichte gab es immer wieder relativ kurzfristige Phasen, in denen sich das globale Klima ungewöhnlich schnell aufheizte. Ein besonders extremes Ereignis fand vor etwa 55,5 Millionen Jahren statt, als die Temperaturen weltweit zwischen 5 und 8 Grad Celsius stiegen. Zu Beginn dieses Wärmepulses an der Grenze vom Paläozän zum Eozän wurden zweimal unabhängig voneinander große Mengen an Kohlenstoff wahrscheinlich durch die Zersetzung von Methanhydraten freigesetzt, was im Ozean zu Versauerung und in der Atmosphäre zu einer enormen Verstärkung des Treibhauseffekts führte.

Die Ereignisse führten sowohl zum dramatischen Aussterben von kleinen, den Meeresboden besiedelnden kalkschaligen Einzellern als auch zu bedeutenden Veränderungen bei den großen Landtieren. Bisherige Schätzungen, über welche Zeiträume die Kohlenstoffmengen freigesetzt wurden, gehen weit auseinander: von weniger als zehn Jahren bis hin zu 20.000 Jahren. Hierzu liefert die aktuelle "Nature Geoscience"-Studie neue Erkenntnisse.

Doppelte Kohlenstoff-Freisetzung

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Freisetzung des Kohlenstoffs nicht wie bisher angenommen in einem Schub, sondern in zwei gewaltigen und schnellen Impulsen ablief", erklärt Ursula Röhl vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) an der Universität Bremen. Zusammen mit Kollegen aus den USA hatte sie den Zeitraum des Temperaturmaximums anhand von Bohrkernen genauer untersucht. Dabei standen vor allem geochemische Untersuchungen und die zeitliche Einordnung im Fokus. "Beide Freisetzungsereignisse dauerten nicht länger als 1.500 Jahre." Während der Kohlenstoffgehalt in der Atmosphäre nach dem ersten Impuls innerhalb weniger Jahrtausende wieder auf das Ausgangsniveau sank, dauerte es nach dem zweiten Impuls etwa 200.000 Jahre bis sich die Bedingungen wieder normalisierten.

Dieser extreme Temperaturanstieg an der Paläozän-Eozän-Grenze wird häufig als Fallbeispiel für den heutigen Klimawandel herangezogen. "Die Kohlenstoff-Freisetzung damals ähnelt den heutigen, vom Mensch verursachten Emissionen, so dass wir vom Klimawandel und den Änderungen in der Pflanzen- und Tierwelt vor 55,5 Millionen Jahren möglicherweise eine Menge über die Zukunft lernen können", sagt Gabriel Bowen, Erstautor der Studie und Professor an der Universität Utah. Allerdings sei die Ausgangslage eine komplett andere als heutzutage gewesen; so gab es damals zum Beispiel keine Eisschilde auf der Erde.

Bohrkerne aus dem "Bighorn Basin"

Dass zum ersten Mal solch präzise Aussagen zum zeitlichen Ablauf des weltweit nachgewiesenen Temperaturmaximums gemacht werden konnten, ist dem besonderen Probenmaterial zu verdanken. Die Klimadaten konnten aus Bohrkernen gewonnen werden, die im sogenannten "Bighorn Basin" im US-Bundesstaat Wyoming erbohrt wurden. Dort finden sich kontinentale Ablagerungen, die besonders umfangreich sind und daher geologische Zeiträume besonders fein auflösen. So können 1000 Jahre bis zu 50 Zentimeter Sediment entsprechen und ergeben im Vergleich zu Untersuchungen am selben Zeitabschnitt in der Tiefsee völlig neue Erkenntnisse. (red, derStandard.at, 25.12.2014)