Von einer breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat der Vizebürgermeister des Fleckens Knittelfeld in der Steiermark erklärt, den Beruf des Lokalpolitikers an den Nagel hängen und nach einem Studium der Theologie der Berufung zum Priestertum folgen zu wollen. Des katholischen wohlgemerkt, kommt er doch aus der Volkspartei. Seine persönlichen Motive verdienen jeden Respekt und haben nicht weiter zu interessieren, aber der Schritt aus dem Fegefeuer der Politik zu des Heiles Erb empor macht den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes - fast schmerzlich - bewusst, wie selten doch von dieser Möglichkeit eines ehrenvollen Rückzugs aus leichtfertig angerichteten Schlamasseln Gebrauch gemacht wird. Angesichts dessen, womit man in den letzten Jahren konfrontiert war, sehnt man sich geradezu nach einer Erweckungsbewegung, die über situationsbedingte Schwüre beim heiligen Herzen Jesu hinausgeht.
Eine personelle Ausdünnung der ÖVP müsste man nicht befürchten, hat sie doch mit der Produktion von Finanzministern und Parteiobleuten in Serie ihre weltliche Regenerationsfähigkeit hinlänglich bewiesen. Zwar befand sich unter diesen niemand, der beziehungsweise die nach dem Ausscheiden dem irdischen Vergnügen in Gott gefrönt hätte, die stattdessen ihr Heil lieber bei Raiffeisen oder auf einem vorgewärmten Nationalratsmandat suchten, aber das beweist nur, dass der Arbeitsmarktservice seine Möglichkeiten bei der Vermittlung spiritueller Start-ups noch lange nicht ausgeschöpft hat. Der im vorliegenden Fall äußerliche Anlass für den Jobwechsel - eine Schweigewoche im Kloster - bringt den gewünschten Erfolg eher selten. Österreich sah schon Bundeskanzler, die sich dieser Prozedur unterzogen - nur um danach völlig ungeläutert weiterzumachen wie davor. Es versteht sich von selbst, dass der in Knittelfeld aufgezeigte Weg der gnadenreichen Entsorgung aus der Politik auch anderen Parteien offenstünde, sich im Fall der FPÖ seit Straches Hinwendung zur selbstgestrickten Nächstenliebe geradezu aufdrängt. An sozialdemokratischer Verstocktheit sollte man nicht verzweifeln. Seit die SPÖ ihre Stammwähler nach dem augustinischen Motto "Credo quia absurdum" zusammenzuhalten versucht, wächst der Erleuchtungsbedarf ganz von selber.
Den Priestermangel der katholischen Kirche auf diese Weise lindern zu wollen wird hingegen sowohl aus quantitativen wie aus qualitativen Gründen kaum funktionieren, könnten doch ins Geistliche gewendete Politiker einen Populismus in die Kirche einschleppen, dem auch mit einem verschärften Theologiestudium nicht beizukommen ist. Andererseits hat die Kirche, wie schon Goethe wusste, einen guten Magen, wer weiß - vielleicht setzt Maria Fekter endlich die Priesterweihe für Frauen durch.
Anlass zu Hoffnung bietet auch die jüngste Bußübung von Vizekanzler Mitterlehner. Er hat das Kreuz auf sich genommen und sich beim Volk für das Krisenmanagement des Hypo-Skandals öffentlich entschuldigt: "Es tut uns leid." Da sollte es ihm auf den nächsten Schritt nicht ankommen. Der Himmel winkt: Kräuterpfarrer bei der Kronen Zeitung. (Günter Traxler, DER STANDARD, 19.12.2014)