Vermeintliche Siege der SPÖ-Frauen schlagen sich nicht auf Gemeindeebene nieder.

SPÖ-Bundesfrauen/Montage Standard

St. Pölten / Wien– Seit Mittwoch ist es offiziell: In der an Wien grenzenden Gemeinde Perchtoldsdorf geht bei den Gemeinderatswahlen am 25. Jänner diesmal auch die Liste "Soziales Perchtoldsdorf" ins Rennen. Bei der Mitgliederversammlung der roten Ortsgruppe Anfang Oktober habe ein Tropfen ihr Fass "zum Überlaufen gebracht", erklärt Marianne Eggl die Motivation hinter der Abspaltung. Der entscheidende Tropfen: "Die Sozialdemokratie hat gerade mit uns Frauen für uns Frauen viel erreicht. Mittlerweile sind aber Kräfte am Werk, die Frauen wieder zurückdrängen möchten."

Pfeifen Rote auf die Quote ...

Die Nominierung von Frauen und Männern im Reißverschlusssystem hat die SPÖ für die niederösterreichischen Gemeinderatswahlen nicht durchgehalten. Das war zwar nach der jüngsten Debatte um die Quote nicht oberstes Ziel, sondern vor allem für Bundes- und Landesebene gedacht. Das SPÖ-Statut spricht freilich eine andere Sprache. Laut Paragraf 16, Absatz 5 ist auch auf Gemeindeebene "innerhalb der ersten Hälfte der Gesamtliste das Reißverschlussprinzip anzuwenden". In mehreren Gemeinden wurde 50:50 aber nicht einmal annähernd versucht. In Pressbaum findet sich unter den ersten zehn Namen eine Frau, in Mauerbach zwei, in Purkersdorf vier. In Wiener Neustadt sind unter 80 SPÖlern 30 Frauen. "Wir wollten mehr, aber es gab nicht mehr", sagt Stadtparteichefin Christine Schlögl.

Gereiht wurde, bis auf den Listenersten, Bürgermeister Bernhard Müller, nach Alphabet. Alphabetisch reiht beispielsweise auch die SP Klosterneuburg, wo dann die Vorzugsstimmen über den Einzug in den Gemeinderat entscheiden sollen. In vielen anderen Gemeinden reiht die SPÖ auf den Kandidatenlisten überhaupt willkürlich.

Andere Parteien haben sich freilich erst gar nicht aktiv in Sachen Geschlechtergerechtigkeit versucht. Fixe Quoten hat sich keine Partei im Land auferlegt. Die Grünen verfolgen das Ziel "mehr Frauen auf Spitzenplätzen", von FP-Seite heißt es, "das funktioniert bei uns aus der Parteistruktur heraus". Auch die ÖVP hatte kein Mindestziel verfolgt, verweist aber auf einen Anstieg der Bürgermeisterinnen in der Vergangenheit. Es gibt auch rote Vorzeigebeispiele, etwa Japons im Waldviertel. Dort kandidieren fünf Frauen und kein Mann. Darüber hinaus moniert die Partei, es sei oft nicht möglich, genügend Frauen für die Kommunalpolitik zu finden.

In Marianne Eggls Fall in Perchtoldsdorf war es anders: Sie rutschte vom einst in Aussicht gestellten ersten Listenplatz auf den siebenten – für die Genossen bereits ein unsicheres Mandat. Als verantwortliche Kräfte nennt die Gemeinderätin "ältere Herren" vom Ortsparteichef abwärts, die sich im kleinen Kreis die Listenreihung ausgeschnapst hätten. Der angesprochene Anton Plessl beschreibt es anders: Demnach habe er mit seinem Listenvorschlag zwar nicht mehr an Eggl als Nummer eins festgehalten, Platz zwei und vier wären laut diesem Vorschlag aber Frauen zugestanden.

"Undurchschaubar"

Auf Bundesebene wurde die Frauenquote nach dem Tod der früheren Nationalratspräsidentin Barbara Prammer wieder zum Thema. Auf ihrem Mandat sitzt heute der Oberösterreicher Walter Schopf im Parlament. Zu Unrecht, wie die Listendritte, Sonja Ablinger, und viele parteiinterne Sympathisanten befinden. Ihre Argumentation: Gemäß Quote hätte beim Ausscheiden einer Frau auch eine Frau nachfolgen müssen.

Der Fall beschäftigt jetzt zwei Schiedsgerichte. Einzig die Entscheidung lässt und lässt auf sich warten, berichtet Fiona Kaiser, die im Fall der Fälle statt der zurückgetretenen Ablinger in den Nationalrat nachrücken soll. Die Chefin der roten, oberösterreichischen Jugendorganisation beklagt im STANDARD-Gespräch die intransparente Listenerstellung auf Gemeindeebene: "Das ist recht undurchschaubar." Wenn man nicht "zum auserwählten Kreis" gehöre, habe man mancherorts kaum Chancen auf einen wählbaren Listenplatz.

... pfeift Frau auf die SPÖ

Zurück zu jenem Oktoberabend im roten Vereinslokal in Perchtoldsdorf. Da wurde gestrichen und umgereiht – und zum Missfallen zweier Beobachter von der Bezirksorganisation munter auf die Einhaltung des Reißverschlussprinzips gepfiffen. Jetzt reiht sich auf der Gemeinderatsliste Mann an Mann, erst auf Platz vier findet sich die erste weibliche Besetzung. Plessl über die Bezirksbeobachter: "Glücklich waren die nicht." Trotzdem bleibt er dabei, die Quote sei kaum einhaltbar. Bereits jetzt würden sich nur noch wenige Freiwillige die Mühen der Gemeindeebene antun. Und was die Frauen anlangt: "Keine der Damen", die unter den ersten zwölf auf der Liste waren, habe bisher "wesentlich mitgearbeitet". Eggl sieht das naturgemäß anders, will ihre politische Aktivität jetzt aber eben effizienter einsetzen. Zwei ehemalige rote Gemeinderäte nimmt sie mit. Dass die neue Liste streng nach dem Schema "Frau/Mann, Frau/Mann" besetzt ist, versteht sich von selbst. (Karin Riss, Gudrun Springer, DER STANDARD, 18.12.2014)