Berkeley/Wien - Die Märkte am Trajansforum in Rom waren so etwas wie ein antikes Einkaufszentrum der Superlative: Anfang des zweiten Jahrhunderts unter Kaiser Trajan als Teil des letzten, größten und prächtigsten römischen Kaiserforums erbaut, beherbergte die Anlage mehr als 150 Geschäfte und Lagerräume auf mehreren Stockwerken. Besucher können heute noch durch einige der Einkaufspassagen bummeln und ihre zukunftsweisende Architektur bewundern. Denn die Trajansmärkte zählen zu den am besten erhaltenen Hochbauten der römischen Antike.

Blick vom römischen Trajansforum auf die Trajansmärkte.
Foto: Marie Jackson

Schlüsselingredienz: Vulkanasche

Doch wie überdauerte die Bausubstanz schwere Erdbeben und Erosionsprozesse der letzten 1900 Jahre? Forscher um Marie Jackson von der University of California in Berkeley gingen dieser erstaunlichen Standfestigkeit nun auf den Grund. Wie sie in den Proceedings of the National Academy of Sciences berichten, dürfte die spezielle Zusammensetzung des zementartigen Mörtels, mit dem die Tuffbausteine der Anlage gemauert wurden, dafür verantwortlich sein. Insbesondere eine Zutat: Vulkanasche aus der Umgebung des Vesuv.

Aus Analysen der Bausubstanz geht hervor, dass der Mörtel überwiegend aus Kalk, Wasser und Vulkanasche gemischt wurde. Durch die Beimengung von gröberen Stein- und Tuffbrocken entstand daraus eine Art Beton. Wie Versuche der Forscher zeigten, reagiert die Vulkanasche mit dem Kalk-Wasser-Brei zu einem Hydrat aus Kalzium, Aluminium und Silikat, das als Bindemittel wirkt.

Ein Bohrkern offenbart die stabile Bausubstanz, gemischt aus Kalk, Wasser, Vulkanasche und Gesteinsbrocken.
Foto: Carol Hagen

Stabile Vorbildwirkung

Während der etwa 180 Tage dauernden Aushärtung kristallisiert schließlich das Mineral Strätlingit aus, ein Kalzium-Aluminium-Silikat. Der langsam gehärtete Baustoff ist nicht nur wasserunempfindlich und sehr widerstandsfähig gegen Erosionsprozesse, sondern bleibt auch bei Erschütterungen äußerst stabil. Denn Strätlingit bildet dichte, verschränkte Übergangszonen zwischen dem Mörtel und den beigemischten gröberen Brocken.

Genau in diesen Bereichen entstehen bei schweren Erschütterungen in heute verwendetem Beton häufig erste Risse. Um dies zu verhindern, werden Stahl- oder Glasfasern beigefügt. Bezüglich Haltbarkeit und Stabilität sei der römische Baustoff dem heutigen Faserbeton aber eindeutig überlegen, schreiben die Forscher.

Strätlingitkristalle der Probe im Elektronenmikroskop.
Foto: Marie Jackson

Und noch ein weiterer Aspekt könnte das historische Gemisch für die Entwicklung neuer Baustoffe interessant machen: Die Herstellung wäre umweltfreundlicher als die herkömmliche Betonproduktion. Letztere ist immerhin für etwa sechs bis neun Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen verantwortlich. (David Rennert, DER STANDARD, 18.12.2014)