Dem Ritual der Jahresrückblicke kann sich traditionell auch diese Kolumne nicht entziehen, deshalb hier die Top-drei-Wertung der meiner Meinung nach zu wenig gewürdigten Absurditätshöchstleistungen 2014:

  • Platz 3: Frank Stronach

Zugegeben, der Mann läuft eigentlich außer Konkurrenz. Aber dann schafft er es doch wieder, selbst abgebrühte Fränk-Exegeten sprachlos zu machen. Heuer mit seiner vor Gericht dargebotenen Erklärung zur Veranschaulichung der Unschuld Peter Westenthalers: "Das ist wie mit dem Hund, der irgendwo hinmacht, und dann war die Frau schuld, dabei ist das dem Mann sein Hund."

  • Platz 2: Wiener Wirtschaftskammer

Nur wenige Tage nachdem sich ihre Wiener Sektion gegen das Verbot von Automatenglücksspiel ausgesprochen hatte, schaltete die WKO ein Inserat in der Zeitung Österreich, auf dem mit Handschellen gefesselte Hände zu sehen sind, ergänzt durch die Textzeile "Bankraub kostet Freiheit!". Angesichts einer im Sommer von der Wiener Polizei veröffentlichten Statistik, wonach für 98 Prozent aller Bankräuber Spielsucht als Hauptmotiv gilt, kann man das nur als schonungslosen Akt öffentlicher Selbstkritik bewundern. Selten hat eine Institution unverblümter die Verantwortungslosigkeit ihrer eigenen Position entlarvt und für diesen mutigen Schritt auch das passende redaktionelle Umfeld gefunden: Direkt über der Anzeige prangt auf der gleichen Seite unter der Überschrift "Festnahme im Spiellokal" die Geschichte eines direkt vom Automaten weg verhafteten Bankräubers.

  • Platz 1: Staatsanwaltschaft Graz

Ein ranghoher Justizwachebeamter wird beim Einbrechen in eine Diskothek am Wörthersee auf frischer Tat ertappt. Er legt vor der Polizei sofort ein Geständnis ab. Die Staatsanwaltschaft Graz verzichtet jedoch darauf, ihn anzuklagen. Als Begründung wird auf das offizielle Gerichtsgutachten des Klagenfurter Psychiaters Dr. Walter Wagner verwiesen, in dem dieser dem Einbrecher bescheinigt "nicht in der Lage gewesen zu sein, das Strafbare der Tat zu bedenken", da er zuvor "online in seine Konten Einblick genommen und dort 'nur rot' gesehen habe".

Ein Justizwachebeamter, dem die Strafbarkeit von Einbruch entfällt, gemahnt an einen über das Nachwachsen von Haaren erstaunten Friseur. Offensichtlich wird die bewusstseinszersetzende Kraft von Online-Konten sträflich unterschätzt. Als weiteres Indiz für die dadurch ausgelöste kurzfristige Unzurechnungsfähigkeit des Mannes wird im Gutachten angeführt, dass der Einbruch "keineswegs geeignet war, um auch nur annähernd die finanzielle Situation maßgeblich zu verbessern".

Falls Sie die Aussicht auf juristische Konsequenzlosigkeit bei der Planung Ihres nächsten Einbruchs berücksichtigen wollen, beachten Sie also Folgendes: Zuerst das Konto abfragen und dann nicht schuldendeckend stehlen, besser beim Greißler eindübeln als beim Juwelier.

Bleibt als Jahresfazit: Vielleicht wird ja die Staatsanwaltschaft Graz noch im Stil der WKO selbstkritisch bekennen: "Bankraub kostet Freiheit, Einbruch uns einen Lacher!" Oder doch so, wie Frank Stronach es vermutlich formulieren würde: "Scheißt der Hund drauf". (Florian Scheuba, DER STANDARD, 18.12.2014)