Wanderschuhe sind allein zum Wandern da? So ein Unsinn aber auch. Mit stabil geschnürtem Schuhwerk an den Füßen lässt sich außerdem das Image wunderbar aufpolieren. Das wissen österreichische Politiker nur zu gut. Immer, wenn sie Durchhaltevermögen und Trittsicherheit beweisen wollen, schnüren sie bekanntlich die Wanderschuhe. Und lassen sich vor einer fototauglichen Bergidylle ablichten.

Und die deutsche Bundeskanzlerin? Hat sich das Motiv der trittsicheren Politikerschaft aus Österreich im letzten Jahr zum Vorbild genommen. Sie machte während der Überschwemmungen in Passau in Wanderschuhen Wahlkampf. "Ich packe es an", vermittelte sie den Medien und den Bürgern im Sommer 2013. Und: "Ich bin eine von euch." Damals zeigte sich: Der vermeintliche Gutwetter-Schuh, er funktionierte auch vor Katastrophen-Kulissen wie dieser.

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Angela Merkel im Juni 2013 in Passau.
Foto: apa/dpa/gebert

Dass das derbe Schuhwerk sich mit solchen Auftritten auch fernab der Wanderwege einen Namen gemacht hat, scheint Grund genug, dass der Wanderschuh nicht mehr nur in der Outdoor-Abteilung zu finden ist.

Es kann ja schließlich kein Zufall sein, dass Isabel Marant ihr aufgeblähtes Schuhmodell "Nowles" ausgerechnet um Merkels Hochwasser-Auftritt herum auf den Markt warf. Die französische Designerin hat ja meist eine Nase dafür, was Frauen gerade kaufen wollen. Ihr neuer Bestseller verfügt wie eine Menge Modelle über einen versteckten Keilabsatz, aber auch über kräftige Ösen für die überkreuz geschnürten Senkel.

Man könnte auch sagen: Ein bisschen sieht der Schuh wie ein zu kurz geratener, zusammengeschnürter UGG-Boot aus. Der britische Guardian bezeichnete den Marant-Streich gar als einen Frankenstein'schen Monstermix aus UGG- und Timberland-Boots sowie knöchelhohen Turnschuhen.

Dabei kommt er wie so viele andere robuste Treter zum richtigen Zeitpunkt. Denn Wanderschuhe werden gerade überall gebraucht: auf dem Wiener Graben wie in der Natur. Sogar Frau Glawischnig stapfte zum 30-jährigen Besetzungsjubiläum mit geschnürten Wanderstiefeln über hochgezogenen Strickstrümpfen durch die Hainburger Au. Ob sie damit die Bilder von 1984 heraufbeschwören wollte oder sich was von Angela Merkels Auftritt in Passau abgeschaut hat? Das bleibt wohl ihr ganz persönliches Styling-Geheimnis. (Anne Feldkamp, derStandard.at, 18.12.2014)

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