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Regierungschef Samaras spricht zu den Abgeordneten seiner Parlamentsfraktion. Ihre Stimmen reichen bei der Präsidentenwahl bei weitem nicht. Sparkurs und Euro stehen auf dem Spiel.

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Zählkandidat Stavros Dimas soll Präsident werden.

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Der Zentralbankchef zeichnet ein düsteres Bild. Die politische Krise dieser Tage nehme ernste Dimensionen an, warnte Yiannis Stournaras, "das Risiko von irreparablen Schäden an der griechischen Wirtschaft ist jetzt groß". Stournaras, der Mitte dieses Jahres, ermüdet vom Druck der Troika-Kreditgeber, als Finanzminister aufgab und auf den ruhigeren Posten des Bankgouverneurs wechselte, hat die Pokerpartie im Blick, die nun in Athen läuft: Die Regierungskoalition unternimmt am Mittwoch ihren ersten Versuch, im Parlament einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Scheitert sie am Ende, gibt es Neuwahlen, vielleicht den Sieg der Linken - und eine neue Krise in der Eurozone.

200 Abgeordnete müsste die Koalition bei der Abstimmung am Abend hinter sich bringen; eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament, die illusorisch ist. Gemeinsam kommen die konservative Nea Dimokratia (ND) von Regierungschef Antonis Samaras und sein Juniorpartner, die Sozialisten der Pasok, nur auf 155 Stimmen.

Farbloser Kandidat

Um den Kandidaten selbst geht es überhaupt nicht: Stavros Dimas, langgedienter Parteisoldat der ND, mehrfacher Minister und zuletzt EU-Umweltkommissar, gilt als farblos, aber ohne Skandale. Der 73-Jährige hätte als griechisches Staatsoberhaupt ohnehin nur protokollarische Aufgaben. Doch seine Wahl entscheidet nun über die Zukunft des Landes.

Hinter den Kulissen laufen längst schon Gespräche zwischen den Emissären von Samaras und Abgeordneten, die sich vielleicht überreden ließen. 165 Stimmen im ersten Anlauf am Mittwoch wären schon ein Erfolg, so lautet die Parole der Koalition. Es wäre ein Indiz dafür, dass die Regierung dem Druck des Linksbündnisses Syriza widerstehen kann, der größten Oppositionspartei, die seit Monaten die Umfragen anführt und nun an die Macht will.

Notkoalition gesucht

200 Stimmen sind auch die Hürde beim zweiten Wahlgang am 23. Dezember. Entscheidend wird die dritte Runde am 29. Dezember. Dann bräuchte Dimas nur noch 180 Abgeordnete für seine Wahl, 25 mehr als die Koalition hat. Und nur um die geht es nun. Samaras, seit zweieinhalb Jahren im Amt, hofft auf die fraktionslosen Parlamentarier, deren Zahl im Lauf der unpopulären Abstimmungen über immer neue Sparmaßnahmen auf mittlerweile 24 angeschwollen ist; auf einige Abgeordnete der kleinen Demokratischen Linken (Dimar) und der rechten populistischen Partei Unabhängige Griechen. Es ist ein schwieriges Unterfangen, aber nicht unmöglich, so glauben viele politische Beobachter.

Ursprünglich sollte die Präsidentenwahl im Februar stattfinden. Samaras zog sie vor, als sich die Verhandlungen mit den Kreditgebern über die letzte Rate von 1,8 Milliarden Euro festfuhren und die Euro-Finanzminister Athen zwei Monate Aufschub gaben, bis Ende Februar, um nochmals Pensionen zu kürzen und Vergünstigungen bei der Mehrwertsteuer wieder rückgängig zu machen. Noch gäbe es eine "beträchtliche Lücke" im Haushalt für 2015, urteilen die Inspektoren von der Troika.

Tsipras' Versprechen

Samaras versucht deshalb den Befreiungsschlag: Gewinnt er die Partie gegen Syriza, kann er politisch gestärkt die Verhandlungen mit den Kreditgebern zu Ende bringen; verliert er, muss sich Alexis Tsipras, der Chef des Linksbündnisses, mit der Troika herumschlagen. Tsipras hat den Griechen die Rückgängigmachung von Pensions- und Gehaltskürzungen versprochen. Griechenlands öffentliche Gläubiger sollen ihre Ansprüche stunden. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 17.12.2014)