Pegida hat nun auch einen österreichischen Ableger und will im Jänner eine Demo in Wien veranstalten. Strache findet übrigens auf seiner Facbook-Seite die deutsche Pegida auch gut. Pegida, das sind die selbsternannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes", die am Montag in Dresden 15.000 Leute auf die Beine brachten. Wortführer ist ein wegen Eigentumsdelikten mehrfach Vorbestrafter, es mischen sich auch Neonazis unter die Demonstranten, aber das stört die Mehrzahl der Mitte-rechts-Bürger nicht. Die neue nationalkonservative Partei AfP ("Alternative für Deutschland") gibt der Bewegung eine Art Seriosität. Da wächst etwas heran, und es wird auch in Österreich spürbar werden, wo die ungleich stärkere FPÖ schon bereitsteht, um der Bewegung Struktur zu geben.

Der Kernpunkt ist allerdings die Frage, warum sich Bürger, die eher - noch - zum Mainstream gehören, gegen den Islam und Muslime so mobilisieren lassen. Im Unterschied zu Berlin, wo wirklich ganze Stadtteile eine islamische Parallelgesellschaft bilden, gibt es in Dresden nur eine verschwindend kleine Zahl von Muslimen.

Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass sich ganz offensichtlich bei einem nicht unbeträchtlichen Teil des deutschen Kleinbürgertums erheblich Frust und Wut aufgebaut haben. Dasselbe in Österreich, wo überdies das schlechte Gewissen wie das der Deutschen (wegen NS und so) eher wegfällt.

Der Islam sorgt weltweit für Nachrichten aus dem Reich des mörderischen Wahnsinns. Die Kopfabschneider und Frauenversklaver von der Terrormiliz IS, die Amokläufer von Kanada bis Australien, die Taliban, die in einer pakistanischen Schule mehr als 100 (Offiziers-)Kinder töten. Nein, das ist natürlich nicht der Islam, das sind extreme Erscheinungen. Die allerdings nicht so selten sind, dass sie nicht als ein Merkmal des Islam empfunden werden. Überdies sind ja auch die Regierungen und die Gesellschaften der meisten islamischen Länder keine leuchtenden Vorbilder und vor allem keine Erfolgsstorys.

Und nun hat die Zahl der Muslime in Mittel- und Westeuropa eine signifikante Größe erreicht, in den Schulen unübersehbar. Sie treten zum Teil fordernd, ja anmaßend auf, sie sind mehr und mehr politisiert - und sie grenzen sich letztlich von der Mehrheitsgesellschaft ab. Etliche ihrer Werte und Verhaltensweisen sind vormodern, was sogar die Wohlmeinenden merken, wenn sie sich einmal darauf einlassen.

Die muslimische Welt macht eine dramatische, blutige Identitätskrise durch. Viele in Europa würden das gern ignorieren, aber das geht nicht, weil es bei uns so relativ viele Muslime gibt. Europa hat aber keine Lust, sich damit zu befassen. Es hat seine eigene mörderische Vergangenheit halbwegs überwunden, in der Gegenwart hat es genug andere Sorgen. Nicht dieses Problem auch noch!

Was wir hier erleben, ist eine Abstoßungsreaktion gegen die Muslime in Europa. Das ist eine bitterernste Sache, die uns noch viel Instabilität bringen wird. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 17.12.2014)