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Reporter ohne Grenzen (Archivbild von einer Protestkundgebung vor der russischen Botschaft in Berlin zu den Olympischen Spielen)

Foto: APA/EPA/BRITTA PEDERSEN

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Wo es um die Pressefreiheit besonders schlimm bestellt ist.

Grafik: APA

Berlin - Die Pressefreiheit ist in diesem Jahr durch einen starken Anstieg der Entführungen von Journalisten und die "barbarische" Ermordung von Reportern bedroht worden. 2014 seien weltweit 119 Journalisten entführt worden und damit 37 Prozent mehr als im Vorjahr, heißt es in der am Dienstag von der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen vorgestellten "Jahresbilanz der Pressefreiheit".

2013 hatte sich die Zahl der Journalisten-Entführungen bereits auf 87 verdoppelt. Die Zahl der wegen ihrer Arbeit ermordeten Journalisten sank nach 71 im vergangenen Jahr dem Bericht zufolge zwar auf 66. Reporter ohne Grenzen hob aber die Grausamkeit einiger Morde hervor.

"Medienwirksam inszenierte Enthauptungen"

"In einigen Regionen erleben wir eine neue Qualität der Gewalt im Umgang mit Journalisten, die erschreckt", erklärte die Vorstandssprecherin von Reporter ohne Grenzen, Astrid Frohloff. "Medienwirksam inszenierte Enthauptungen" durch die Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) und "massenhafte Übergriffe gegen Journalisten in einigen Ländern zeugen von einer menschenverachtenden Haltung und extremen Geringschätzung der Pressefreiheit". Journalisten dürften nicht zur "Verfügungsmasse für die Propaganda von Terrorgruppen, Kriminellen oder autoritären Staaten" werden. Sie müssten "gerade in Krisengebieten wirksamer als bisher geschützt werden", forderte Frohloff.

Die Enthauptung der in Syrien entführten US-Reporter James Foley und Steven Sotloff durch IS-Kämpfer hatte in den vergangenen Monaten weltweit für Entsetzen gesorgt. "Selten zuvor ist der Tod von Reportern mit einem so barbarischen Sinn für Propaganda inszeniert worden", heißt es dazu im Bericht von Reporter ohne Grenzen. In der englischsprachigen Ausgabe des Berichts heißt es, die Morde würden "immer barbarischer".

Insgesamt wurden in Syrien in dem zu Ende gehenden Jahr 15 professionelle Journalisten getötet, mehr als in jedem anderem Land der Welt. In den Palästinensergebieten wurden sieben Journalisten getötet, in der Ukraine sechs, im Irak und in Libyen jeweils vier. Weltweit wurden 2014 auch 19 Bürgerjournalisten getötet.

Entführungsrisiko in der Ukraine besonders hoch

Das Risiko, entführt zu werden, war für Journalisten in der Ukraine besonders hoch: 2014 wurden in dem von schweren Kämpfen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten erschütterten Land 33 Reporter entführt. Im nordafrikanischen Krisenstaat Libyen waren es 29, in Syrien 27, im Irak 20 und in Mexiko drei.

Neben den Entführungen wuchs auch die Zahl der Journalisten, die wegen Drohungen, Gewalt oder staatlicher Repressionen aus ihrer Heimat flüchteten. Die Zahl der Reporter ohne Grenzen bekannten Fälle verdoppelte sich auf 139.

ROG dokumentierte ausgewählte Fälle:

JAMES FOLEY (40) wurde von der Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) enthauptet. Die Terroristen veröffentlichten am 19. August ein Video von der Bluttat. Der US-Journalist, der frei im Auftrag der Nachrichtenagentur AFP arbeitete, war schon 2012 entführt worden.

RAAD AL-ASAWI (36) wurde am 10. Oktober öffentlich hingerichtet, weil er es abgelehnt hatte, mit dem IS zusammenzuarbeiten. Die Terrorgruppe toleriert Journalisten "nur tot oder willfährig", die Reporter ohne Grenzen es formuliert. Der irakische Kameramann arbeitete für den Fernsehsender Sama Salaheddin TV. Der IS hatte seit Beginn der Entführung einen Monat zuvor angekündigt, ihn zu töten.

GAO YU (70), bekannte chinesische Journalistin, steht unter dem Vorwurf des Verrats von Staatsgeheimnissen an ausländische Medien wie die Deutsche Welle vor Gericht. Bei Prozessbeginn am 21. November in Peking bestritt die Siebzigjährige jede Schuld und widerrief damit ein während ihrer Untersuchungshaft erzwungenes Geständnis, das der staatliche Fernsehsender CCTV News im Mai ausgestrahlt hatte. Im Falle einer Verurteilung drohen Gao Yu bis zu 15 Jahre Gefängnis.

KHADIJA ISMAYILOVA sitzt seit 5. Dezember in Aserbaidschan in U-Haft. Die investigative Journalistin hat wiederholt über Korruption in höchsten Kreisen berichtet. Schon 2012 und 2013 wurde sie laut ROG zum Opfer von Schmutzkampagnen und Erpressungsversuchen mit heimlich aufgenommenen intimen Videos. Zurzeit werde wird sie unter der abwegigen Anschuldigung festgehalten, sie haben einen früheren Kollegen in einen Selbstmordversuch getrieben - ein Vorwurf, auf den im Falle einer Verurteilung drei bis sieben Jahre Haft stehen. (APA, 16.12.2014)