Bewegung hilft Krebs-Patienten wieder in Balance zu kommen.

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Krebs - insbesondere Krebs - ist eine Krankheit, der von allen möglichen Seiten mit allen nur möglichen Mitteln zu Leibe gerückt werden sollte. Und tatsächlich wird es das auch, bis hin zu aufwändigsten Strahlentherapien. Umso erstaunlicher der Zustand, den unlängst Marco Hassler so beschrieben hat: "Jedem Hüftoperierten ist klar, dass und warum es Rehabilitation gibt. Bei Krebserkrankungen ist das aber immer noch nicht so."

Junges Haus

Marco Hassler ist der ärztliche Leiter des Sonnberghofs im burgenländischen Bad Sauerbrunn, Österreichs erster auf Rehabilitation nach Krebserkrankungen spezialisierte Einrichtung. Und der Anlass, bei dem er dies sagte, war der erst vierte Geburtstag des Hauses, das in zuvor 96, jetzt 120 Betten 8200 Patienten und Patientinnen - "Gäste" pflegt man hier zu sagen - betreut hat. Mittlerweile sind es sechs solcher Häuser in ganz Österreich. Immer noch zu wenig, wie viele meinen.

Zumal die Inanspruchnahme eine ziemlich einseitige Gewichtung hat. "70 Prozent unserer Gäste sind Frauen." Nicht nur das: "Sie sind überdurchschnittlich gebildet und verfügen über ein höheres Einkommen." Das liege vor allem daran, dass die onkologische Rehabilitation immer noch eine hohe Eigeninitiative erfordert. Die wenigsten würden von Ärzten geschickt. Dabei stünden der Sonnberghof und die anderen Einrichtungen offen für alle Kassen.

Information entscheidend

Als eine von drei medizinischen Säulen der onkologischen Rehabilitation nennt Hassler denn auch die Information. Und zählt dazu ausdrücklich auch die klassische Kommunikation nach außen. "Es ist wichtig, dass die Menschen wissen, dass es uns gibt und was wir hier tun können."

Die Informationssäule betreffe aber auch die direkte Behandlung. "Während der Krebsbehandlung ist man ja drin in einem Radl. Viele Fragen stellen sich aber erst danach." Auch die akut behandelnden Ärzte seien fokussiert auf ihre je speziellen Aufgaben. Oft würden schon schlichte Informationen sehr helfen: Das Wissen um die Normalität oder Nichtnormalität von Behandlungssymptomen gebe Sicherheit, erhöhe die Lebensqualität und so auch den Behandlungserfolg.

Psychoonkologie und Körperertüchtigung

Die beiden anderen Schwerpunkte der onkologischen Rehabilitation sind die psychologische Betreuung - die Psychoonkologie hat sich zu einer eigenen Fachrichtung spezialisiert -, vor allem aber auch die physiotherapeutische Behandlung. "Die Akutbehandlungen sind immens zehrend." Die ohnehin Geschwächten dürften keineswegs überfordert werden. Darauf sei man in Sauerbrunn ebenso eingestellt wie auf eventuelle motorische Beeinträchtigungen nach Operationen, bis hin zu "Greifwänden, die es auf den Gängen gibt".

Die körperliche Kräftigung habe unmittelbare, nachweisbare Auswirkungen. Gezielte Bewegung stärke dann nicht nur die Physis. "Auch psychisch hat das einen positiven Effekt."

Die psychologische Belastung einer Krebserkrankung sollte, meint Hassler, bis ins Architektonische hinein berücksichtigt werden. "Nach der ja oft sehr langwierigen Akutbehandlung mit vielen Spitalsaufenthalten will man nicht wieder diese Atmosphäre." Zwar müsse, erklärt Gottfried Koos, Vorstand beim Sonnberg-Betreiber Vamed, "eine solide medizinische Betreuung gewährleistet sein, andererseits solle das alles aber nicht an ein Krankenhaus erinnern".

Also erinnert es an ein großes Kurhotel, wie es im traditionsreichen Kurort Bad Sauerbrunn ja nicht nur eines gibt. Eine von drei Säulen der onkologischen Rehabilitation ist der gezielte, je individuell zugeschnittene körperliche Wiederaufbau. Der zeitigt nachweisbare positive Effekte. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 13./14.12.2014)