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Was bringt das neue Börsenjahr? Ein Blick in die Kristallkugel zeigt, dass viel Erwartung am Wachstum und an den Notenbanken hängt. Für den österreichischen Markt zeigen sich Experten optimistisch.

Foto: dpa / Frank Rumpenhorst

Wien - Das laufende Börsenjahr neigt sich langsam dem Ende zu. Höchste Zeit also, einen Blick darauf zu werfen, was das Finanz- und Anlagejahr 2015 bringen kann. "Risikoaverse Anleger werden es 2015 nicht leicht haben", hält Thomas Steinberger, Chef von Spängler Iqam Invest, fest. Denn für das kommende Jahr werden für risikoarme Veranlagungen negative Realrenditen prognostiziert. Das heißt laut Steinberger aber nicht, dass sich Anleger nun in riskante Veranlagungen stürzen sollen. Wichtig sei in diesem Umfeld einmal mehr eine gute Diversifizierung aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen.

Leicht herzustellen ist dieser Mix aber nicht. Denn nach einigen Bewertungskriterien gilt der US-Aktienmarkt derzeit schon als hoch bewertet. Ein Rückschlagspotenzial für 2015 muss daher berücksichtigt werden. Wichtig für diesen Aspekt wird einmal mehr das globale Wachstum sein. Sollte das Szenario mit schwächerem Wachstum auch in den USA Realität werden, könnte es laut Spängler Iqam Invest eine Talfahrt an den weltweiten Aktienmärkten geben. Die immer expansivere Geldpolitik der EZB, der Bank of Japan und zuletzt auch der People's Bank of China nährten jedoch zumindest die Aussicht, dass die hohe globale Liquiditätsversorgung die Aktienmärkte weiterhin beflügeln werde.

Schwache Nachfrage

Das Wachstum ist aber nicht besonders stabil. Die globale Nachfragedynamik ist außerhalb der USA und Chinas noch recht schwach. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für 2015 ein Wachstum der Weltwirtschaft von 3,8 Prozent. Rund zwei Drittel davon kommen demnach aus den USA und China. Ein Einbruch in diesen Märkten würde sich also deutlich spürbar machen. "Der Optimismus in Bezug auf die Wachstumschancen in den Emerging Markets erscheint zudem deutlich gedämpft", sagt Steinberger. In China sei bereits heuer eine Konsolidierung des Wachstums beobachtet worden.

Hinzu kommt, dass die fallenden Rohstoffpreise vor allem die rohstoffreichen Emerging Markets belasten und zu sinkenden Produktionskosten führen. Mit den fallenden Preisen für Öl, Gold und Co wird es für Anleger aber auch nicht leicht, diese Assetklasse gut abzubilden. Auch die breiter gefassten Rohstoff-Indizes (in Euro) liegen (auf Sicht der vergangenen zwei Jahre) im negativen Bereich, was aber zumindest auf Aufholpotenzial hoffen lässt.

Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Erholung bleiben Anleihen mit hoher Kreditwürdigkeit gefragt. Die Renditen sollten daher auch im kommenden Jahr relativ tief bleiben, heißt es aus der Erste Asset Management. Die EZB bleibt auch 2015 bei ihrer expansiven Geldpolitik. Zinserhöhungen sind im nächsten Jahr in den USA und im UK möglich, was in weiterer Folge zu höheren Renditeniveaus in den USA führen könnte. Anleihen aus den Schwellenländern sollten im kommenden Jahr aufgrund der relativ attraktiven Renditeniveaus gefragt bleiben.

Inflation bleibt Risiko

Eines der größten Extremrisiken für das nächste Jahr ist laut Threadneedle Investments, dass die äußerst geringe Inflation sich in eine Deflation verwandeln könnte. Die Threadneedle-Experten zeigen sich nicht überzeugt davon, dass geringere Anleihenrenditen Europa bei einer Erholung helfen werden, sollte die EZB tatsächlich beginnen, Staatsanleihen zu kaufen. Sollten die Staatsanleihenkäufe Realität werden, könnte dies den Kurs des Euro drücken. Das würde dem Export in Europa helfen und die Deflationssorgen mindern.

Als Gewinnchance sehen die Threadneedle-Experten 2015 weiterhin Aktien im Vergleich zu Staatsanleihen von Kernländern optimistisch, wenngleich die Zuversicht bezüglich dieser Assetklasse wegen der Bewertung und der schlummernden Risiken geringer wird. Die Frage, die 2015 beantwortet werden wird, ist die, ob die Gewinnerwartungen für das kommende Jahr angemessen sind. Regional betrachtet setzt man bei Threadneedle auf japanische Aktien, weil der schwächere Yen helfen dürfte, die Gewinne japanischer Unternehmen - besonders der Exporteure - zu steigern.

Für 2015 und auch für 2016 sieht die Erste Bank die heimischen Aktien positiv. Diese sollten künftig wegen der zuletzt herben Rückschläge deutlich im Aufwind sein. Infolge der erlittenen Kursrückgänge seien die Werte an der Wiener Börse derzeit theoretisch um durchschnittlich mehr als 25 Prozent unterbewertet. Als weiteren Indikator für eine Erholung ortet Erste-Bank-Chefanalyst Fritz Mostböck die belebten Handelsumsätze an der Börse. Sie hätten sich heuer erstmals seit dem Ausbruch der Krise 2008 "deutlich verbessert" - im bisherigen Jahresverlauf liege das Plus bei 22,3 Prozent. Im Vorjahr hatten die Umsätze erst um sieben Prozent zugelegt - nach einem Minus von 32,2 Prozent 2012 und von 18,1 Prozent im Jahr 2011.

Ungerechtfertigte Abstrafung

Grund für die schwache Performance heuer waren die schwache Konjunktur, eine ganze Reihe von negativen Gewinnrevisionen, Probleme der Banken in Osteuropa und die Russland/Ukraine-Krise. Die Gewinne der ATX-Unternehmen brachen heuer bisher im Schnitt um 15 Prozent ein, bis Jahresende soll sich das Minus laut Erste-Bank-Schätzungen auf 14,1 Prozent verkleinern. Zwölf von 20 teils großen ATX-Werten nahmen 2014 Gewinnrevisionen nach unten vor - nach dem Index gewichtet entsprach dies einem Anteil von 74 Prozent. Die Abstrafung des Wiener Handelsplatzes angesichts des Russland/Ukraine-Konflikts durch internationale Anleger sei "überbewertet und ungerechtfertigt" - nur zwei ATX-Unternehmen, die RBI und die Immofinanz, seien von dem Konflikt betroffen.

Völlig offen ist freilich, wie sich die geopolitischen Risiken wie der Russland/Ukraine-Konflikt oder die Lage im Nahen Osten weiter entwickeln. Die Krisenherde bergen jedenfalls das Potenzial für ökonomische Schäden. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass das kommende Jahr wohl eine ordentliche Portion an Volatilität mitbringen könnte. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 12.12.2014)