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Protestaktion am Rande des Weltklimagipfels.

Foto: AP/Martin Mejia

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Die Erschöpfung ist bei den Delegierten nach den zweiwöchigen Verhandlungen groß.

Foto: Reuters/ENRIQUE CASTRO-MENDIVIL

Lima - Die UN-Klimakonferenz hat sich in einem Minimalkonsens auf erste Grundlagen für einen Weltklimavertrag verständigt. Die 195 Länder verabschiedeten in der Nacht zum Sonntag in Lima einen Beschlusstext, der aber nur sehr vage Kriterien für die nationalen Klimaschutzzusagen definiert, die im Frühjahr 2015 vorgelegt werden sollen. Umweltverbände sprachen von einem "gefährlich schwachen Text".

Mehr Fragen als Antworten

Der Rohentwurf für einen Weltklimavertrag ist dem Beschluss als Textanhang angefügt. Die 37 Seiten umfassende Vorlage enthält allerdings mehr Fragen als Antworten, denn sie listet zahlreiche unterschiedliche Optionen auf, die von den Delegationen in Lima lediglich als eine erste Verhandlungsgrundlage formell anerkannt wurden. Die Details werden erst Anfang Dezember 2015 bei der UN-Klimakonferenz in Paris verhandelt und entschieden.

Das übergreifende Ziel ist es, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Nach Studien des Weltklimarates müssten für eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad die Emissionen weltweit um 40 bis 70 Prozent bis 2050 reduziert werden, und auf nahe null bis Ende des Jahrhunderts.

Erschöpfte Delegierte

Perus Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal, der als Gastgeber die Verhandlungen leitete, hatte zum Applaus und Jubel der erschöpften Delegierten verkündet: "Das Dokument ist verabschiedet". Die Einigung zur Lastenteilung bei der CO2-Reduzierung wurde erst zwei Tage nach dem ursprünglich geplanten Ende der Konferenz am Freitagabend erreicht. Insgesamt war zwei Wochen lang in Lima um die Aufteilung der Lasten zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern gerungen worden, wobei eine Einigung bis zuletzt fraglich schien.

Länder gefragt

Umweltschutzgruppen hatten den in Lima nach tagelangem Ringen erreichten Kompromiss in einer ersten Reaktion als "herbe Enttäuschung" und Einigung auf dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" kritisiert.

Laut der Umweltschutzorganisation WWF hat die UNO-Klimakonferenz in Lima die Minimalziele "ganz knapp" erfüllt. Die Vorgaben für ein neues globales Klima-Abkommen seien vorhanden. Nun brauche es aber von allen Ländern klare CO2-Reduktionsziele.

In der peruanischen Hauptstadt habe der Optimismus eine "Pause gemacht", wurde Patrick Hofstetter vom WWF Schweiz und Mitglied der Schweizer Delegation am Sonntag in einem Communique zitiert. Immerhin seien klarere Vorgaben erreicht worden, wie sämtliche Länder nun ihren gerechten Beitrag an den Klimaschutz ermitteln und melden müssen. Für ein neues globales Klima-Abkommen seien jetzt "alle Zutaten" vorhanden. "Aber um daraus ein ausgewogenes Menü zu kochen, ist noch sehr viel Arbeit nötig", sagte Hofstetter gemäß der WWF-Mitteilung.

Der Weg zur Konferenz von Paris in einem Jahr sei klar abgesteckt. Dies zähle zu den erfreulichen Ergebnissen von Lima. Bis Ende März müssten nun alle Länder melden, wie stark sie ihre Treibhausgas-Emissionen mittelfristig senken. Damit seien alle Länder nach Konferenzende "erst richtig gefordert", sagte Hofstetter.

Rupprechter: "Tragfähige Basis"

Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hat trotz des mageren Ergebnisses ein positives Resümee gezogen. Durch intensive Verhandlungen konnte "eine tragfähige Basis für die Erarbeitung eines globalen Klimavertrages geschaffen werden".

"Es gibt keine Alternative im Kampf gegen den Klimawandel. Alle müssen an einem Strang ziehen. Dabei setzen wir alles daran, auch die USA, China und Russland mit ins Boot zu holen. Es steht uns ein intensives Verhandlungsjahr bevor", betonte Rupprechter.

Der weitere Fahrplan sieht vor, dass die Staaten 2015 ihre beabsichtigten Beiträge für den Weltklimavertrag bekannt geben. Zudem soll bis Mai 2015 ein erster Entwurf vorbereitet werden. "Die Verhandlungen gehen bereits im Februar weiter", sagte der Umweltminister.

Ziel des geplanten Vertrages ist es, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. "Ohne verantwortungsbewusste Klimaschutzpolitik droht eine globale Temperaturerhöhung um mindestens 3,6 Grad Celsius, die für die Menschheit schwerwiegende Folgen hätte", warnte Rupprechter.

Ein "wichtiger Erfolg" konnte bei der internationalen Klimafinanzierung verzeichnet werden. Über den "Green Climate Fund" wollen die teilnehmenden Staaten Klimaschutzprojekte finanzieren. Österreich wird sich seitens des Bundes mit 25 Millionen Dollar daran beteiligen, Bundesländer und Wirtschaft sollen noch einmal 25 Millionen Dollar beisteuern.

"Besorgnis erregend schwach"

Die Grünen haben das Ergebnis des Klimagipfels als "besorgniserregend schwach" kritisiert. "Es sind nur Babyschritte in Richtung eines Weltklimavertrages gemacht worden", kritisierte Umweltsprecherin Christiane Brunner.

Das Ergebnis sei deshalb so besorgniserregend, da die politische Ausgangslage "so gut wie schon seit vielen Jahren nicht war". Vor allem die erhoffte positive Auswirkung des China-USA-Deals habe sich in den Verhandlungen nicht so niedergeschlagen, wie es die meisten Beobachter erwartet hatten. "Um Paris erfolgreich abschließen zu können, müssen noch wichtige Verhandlungsschritte gesetzt werden", so Brunner.

Wichtig am Lima-Ergebnis ist der Umweltsprecherin zufolge die Festlegung robuster Kriterien für die Zielbestimmungen der einzelnen Länder. "In Summe sind jedoch zu viele der wirklichen Knackpunkte bis zur nächsten Konferenz in Paris aufgeschoben worden. Gegen stärkere Klimaschutzbestimmungen haben vor allem China und die Öl-exportierenden Länder opponiert", so Brunner.

Die Gruppe der Entwicklungsländer und kleinen Inselstaaten habe außerdem die "mangelnde Paktfähigkeit der Industrieländer" bei der Klimafinanzierung beklagt. "Wenn in diesem Punkt in den nächsten Monaten keine Fortschritte gemacht werden, könnte Paris an dieser Frage scheitern", so Brunner.

EU begrüßt Einigung

Die Europäische Union hat die Einigung von Lima als "Schritt voran" auf dem Weg zu einem verbindlichen Klimaschutzabkommen beim Gipfel im Dezember 2015 in Paris begrüßt. Der Kompromiss fordere alle Länder auf, die geplante Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen "auf klare, transparente und verständliche Weise" darzulegen, erklärte die EU-Kommission am Sonntag.

Auch die deutsche Regierung zeigte sich einigermaßen zufrieden. "Wir sind sehr froh, dass wir in der zweiten Nacht der Verlängerung einen Durchbruch für die Verhandlungen des neuen Klimavertrages nächstes Jahr in Paris erreicht haben", erklärte der Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth in Lima. Nach "sehr zähen und kräftezehrenden Diskussionen" sei ein "positives Ergebnis" erreicht worden, das "alle Möglichkeiten zu einem anspruchsvollen künftigen Klimaregime" eröffne. (APA, 14.12.2015)