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Nicht viel zu lachen, aber zuversichtlich: François Hollande hofft trotz schlechter Schlagzeilen auf den Aufschwung.

Foto: REUTERS/Philippe Wojazer

Ist das Élysée von Spionen durchsetzt? Schlafen dort Agenten der Opposition? Solche schicksalsschweren Fragen warfen zum Wochenende Pariser Medien auf. Das linke Magazin "Le Nouvel Observateur" berichtet, wie die Kabinettschefin von François Hollande, Sylvie Hubac, gleich fünf livrierte Angestellte des Präsidentenpalasts in eine Dependance versetzt hat.

Einer von ihnen soll heimlich Handyfotots von einem Rendezvous Hollandes mit seiner angeblichen Geliebten Julie Gayet im Garten des Élysée geschossen haben. Die Bilder wurden vom Klatschheft "Voici" schon Ende November veröffentlicht; Hubac konnte den anonymen Fotografen aber nicht eruieren und versetzte deshalb sämtliche Verdächtige.

Ernste Nachforschungen

Kleines Detail: Alle fünf waren eingestellt worden, als noch Nicolas Sarkozy im Élysée amtierte. Die Zeitschrift "Le Point" fragt halbironisch, ob es sich wohl um "sarkozystische Spione" handle. Verschiedentlich waren Paparazzi zu geheim gehaltenen Privatterminen Hollandes aufgetaucht. Der Fotograf, der die präsidialen Motorradeskapaden zur Schauspielerin Gayet festgehalten hat, arbeitet offenbar mit der Presseagentur E-Presse zusammen, die auch für Sarkozys Frau Carla Bruni tätig ist.

Hollande nimmt die "Élysée-Leaks" jedenfalls sehr ernst, zumal seine Liebschaft mit der Schauspielerin Gayet sein präsidiales Image zusätzlich ramponiert hat. "Der Staatschef traut niemandem mehr", zitiert "Le Point" den Chefermittler Hubacs. Die Kabinettschefin ist die Einzige aus dem engsten Beraterstab des Präsidenten, die seit seinem Amtsbeginn im Mai 2012 dabei ist. Sein Generalsekretär, die zwei Stellvertreter, dazu sein politischer Berater sowie der Kommunikationschef haben das Élysée bereits verlassen.

Keine "exemplarische Republik"

Andere "Hollandisten" der ersten Stunde haben überdies nach eher unangenehmen Schlagzeilen den Hut genommen. Der Letzte war der Hollande persönlich verbundene Berater Faouzi Lamdaoui – er kommt wegen der Veruntreuung von Firmengeldern vor Gericht. Eine Woche zuvor hatte Hollande schon seinen Staatssekretär für Kriegsveteranen, Kader Arif, wegen familiärer Begünstigung abservieren müssen. Früher schon waren der Élysée-Berater Aquilino Morelle, der Außenhandels-Staatssekretär Thomas Thévénoud und Budgetminister Jérôme Cahuzac über ähnliche Affären zu Fall gekommen.

Bei jedem neuen Rücktritt wird Hollande von allen Seiten daran erinnert, dass er bei seinem Amtsantritt 2012 eine "exemplarische Republik" ausgerufen habe. Einstige Nahestehende verschonen ihn noch weniger. Nach seiner Ex-First-Lady Valérie Trierweiler frönen auch die Grüne Cécile Duflot oder der Linke Jean-Luc Mélenchon dem Hollande-Bashing zwischen Buchdeckeln.

"Wie ein Stör mit Fellmütze"

Der entlassene Ex-Berater Morelle, der den Präsidenten vor Journalisten "Mistkerl" nannte, bereitet ein Enthüllungsbuch über die Machtpraktiken im Élysée vor. Der abgehalfterte Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg mokierte sich diese Woche bei einem Anwaltstreffen in Paris, Hollande herrsche "wie ein Stör mit Fellmütze" über seine "Salonlinke".

Das war eine Anspielung auf ein Bild, das Hollande neben dem kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew wenig vorteilhaft mit Schapka (einer Fellmütze) und Pelzkragen zeigt. Das Élysée hinderte Agence France Presse an der offiziellen Verbreitung des Fotos – worauf es im Internet nur noch mehr Erfolg hatte.

Das Bild unten ist das Original. Auch Russlands Auslands-TV Russia Today nahm Hollandes Fotovorlage dankbar an.

Und Hollande? Der Präsident bleibt eisern guter Dinge. Laut Umfragen ziehen ihm heute sogar seine Parteifreunde andere Sozialisten wie Manuel Valls oder Martine Aubry für die Präsidentschaftswahlen 2017 vor. Hollande will sich aber gar nicht auf Primärwahlen einlassen. Der sinkende Ölpreis und der sinkende Eurokurs, so erklärt er laut Eingeweihten unbeeindruckt, würden die französische Wirtschaft ankurbeln und seine Wiederwahlchancen erhöhen. Erstmals seit Monaten ist seine Beliebtheitsquote diese Woche leicht angestiegen – auf 22 Prozent. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 13./14.12.2014)