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Gabriele Pauli steht in Westerland auf Sylt auf einer Windrose. Sie will am Sonntag zum Mittelpunkt der nördlichsten Insel Deutschlands werden und kandidiert für das Amt der Bürgermeisterin.

Foto: APA/dpa/Daniel Bockwoldt

Noch ist Gabriele Pauli nicht Bürgermeisterin von Sylt. Gewählt wird am Sonntag, und es stehen neben ihr noch fünf weitere Kandidaten zur Wahl. Aber eines ist jetzt schon klar: Noch nie hat eine Bürgermeisterkür auf der nördlichsten Insel Deutschland über die Inselgrenzen hinweg derart viel Aufmerksamkeit erregt.

Zurzeit amtiert Petra Reiber. 24 Jahre lang hat die Parteilose den "Knochenjob" gemacht, jetzt mag sie nicht mehr. Doch es naht die Hilfe einer "Zuagroasten". Irgendwann habe sie ein Sylter Wirt angerufen und erklärt, die Insel im schleswig-holsteinischen Wattenmeer suche "händeringend" eine neue Bürgermeisterin. Ob sie sich das vorstellen könnte?

So jedenfalls erzählt Pauli die Geschichte, wie sie vom südlichen Bayern auf die Insel auf der Nordsee kam. "Sylt ist eine wunderbare Insel, und die Menschen, die hier leben, haben mich sofort beeindruckt", sagt sie.

Das geht den meisten so, wenn sie zum ersten Mal auf die Insel kommen. Kilometerlange Dünen, Strände mit weißem Sand, darauf blau-weiße Strandkörbe, urige Reetdachhäuser - es reiht sich ein Postkartenblick an den nächsten. Wer das nötige Kleingeld mitbringt, genießt Lachs und Austern besonders stilvoll: entweder in einem der zahlreichen Spitzenrestaurants oder im eigenen Domizil.

Keine Geburtenstation mehr

Doch der Luxus, der Reichtum, und die astronomischen Immobilienpreise haben eine Kehrseite: Immer weniger Einheimische können sich ihre Insel noch leisten. Sie ziehen aufs billige Festland, Sylt (derzeit 18.000 Einwohner) schrumpft und verödet vor allem im Winter, wenn die Ferienwohnungen leer stehen.

Mittlerweile gibt es gar keine eigene Geburtenstation mehr. Schrecklich findet Pauli das. Sie hat auch schon eine Idee, wie der Bevölkerungsschwund gestoppt werden soll: mit 5000 Euro Babyprämie für jedes Kind, das auf der Insel geboren wird. Mit ihr soll Sylt wieder sozialer werden, sagt die Ex-Landrätin, die sich früher auch mal als Domina mit Latexhandschuhen fotografieren ließ.

Die ehemalige CSU-Politikerin, die als Parteilose zur Wahl antritt, will die Zweitwohnsteuer anheben und mit dem Geld bezahlbaren Wohnraum für Familien, Saisonarbeiter und Lehrlinge schaffen. Kostenlose Kindergartenplätze und ein neues Jugendzentrum stehen auch auf ihrem Programm.

Das Nahziel für den Sonntag lautet jedoch zunächst: im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit zu schaffen. Ob das klappt, bleibt offen, es gibt keine Meinungsumfragen. Und die Sylter sind gespalten: Die einen halten die Kandidatur für einen schlechten Witz auf ihre Kosten, die anderen glauben, dass Pauli was bewegen will, und sehen ihre kommunalpolitische Erfahrung. Eine mögliche Stichwahl ist für den 11. Jänner angesetzt. Wenn es auch da nichts wird? Dann will Pauli Sylt auf jeden Fall verbunden bleiben. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 13.12.2014)