Management beruht auf einer ganzen Reihe von Hintergrundannahmen, ohne die es gänzlich unmöglich, ja geradezu absurd wäre, Management zu betreiben. Zu diesen Annahmen gehören Willens- und Handlungsfreiheit, die Zweckrationalität des Individuums, die Unbestimmtheit des Zukünftigen, die logische Unbedenklichkeit des induktiven Schließens und die intersubjektive Verankerung von Handlungsnormen.

Im Management geht man ja davon aus, dass eine Person das, was sie tut, auch unterlassen könnte; dass Handlungen hinsichtlich eines zu erfüllenden Zwecks geprüft und gesetzt werden; dass die Zukunft prinzipiell gestaltbar ist; dass man in der Lage ist, den Verlauf zukünftigen Geschehens, etwa mit Bezug auf den Markt, folgerichtig aus der Analyse vergangenen Geschehens zu erschließen; und endlich, dass sich Handlungsnormen aus den Erfahrungszusammenhängen ableiten lassen.

Diese Annahmen sind philosophisch gesehen aber höchst problematisch. Nehmen wir beispielsweise Letztere: Wer kennt sie nicht, die (moralischen) Regelwerke, die wir aus dem Tagesgeschehen herausdestillieren, um die Erreichung unternehmerischer Ziele sicherzustellen, ein einigermaßen gedeihliches Miteinander zu gewährleisten oder als vorbildliches Unternehmen zu gelten.

Verfahren, die nicht vom Himmel fallen

Doch wie ist es um die intersubjektive Verankerung dieser Regelwerke bestellt? Schlecht, denn hierfür müsste erstens begründet werden, wie wir überhaupt zu unseren Normen kommen, man könnte auch sagen: welches Verfahren wir zu deren Gewinnung anwenden - sie fallen ja nicht vom Himmel, oder doch? Und zweitens, warum es sinnvoll ist, diese oder jene Regel zu akzeptieren. Die Schwierigkeit, solche Gründe anzuführen, spiegelt sich im sogenannten Hume'schen Gesetz wider.

Der Philosoph David Hume zeigte nämlich, dass es logisch unmöglich ist, aus Tatsachenaussagen Normsätze zu folgern. Anders gesagt: Die Beobachtung dessen, wie die Dinge sind, enthält dergleichen nichts, was uns zu einer gültigen Schlussfolgerung dessen führt, wie die Dinge sein sollen. Behält Hume recht, sind intersubjektiv verankerte Regelwerke unmöglich, bzw. sind die Normen, die sie enthalten - horribile dictu - beliebig. Weil ihre Begründungsbasis, wenn es überhaupt eine gibt, äußerst schmal ist, muss es sich letztlich immer um eine dogmatische Festlegung dessen handeln, was in diesem oder jenem Zusammenhang gesollt ist.

Das ist wahrscheinlich mit ein Grund, warum sich der Erfolg von Reglementierung im Managementalltag zumeist bescheiden ausnimmt. Das hier etwas ganz generell nicht stimmt, liegt auf der Hand, kommt aber nur selten zum Vorschein. Die Hintergrundannahmen von Management bleiben nämlich über weite Strecken unreflektiert. Möglicherweise deshalb, weil der Verdacht besteht, dass das gesamte Gebäude des Managementdenkens einzustürzen droht, kämen diese Annahmen ins Wanken. (Heinz Palasser, Bernd Waß, 7.6.2015)