Seit Jahrzehnten lässt ein kleiner Schweizer Hersteller auf dem Genfer Salon die großen Konzerne mit seinen Concept Cars fad aussehen. Grund genug, die Visionen des Frank M. Rinderknecht zu würdigen

Er ist quasi der kreative Kleinhäusler des Automobilbaus: Der Schweizer Frank M. Rinderknecht. Ein Tausendsassa, der seit Jahrzehnten mit seinen Prototypen beim Genfer Automobilsalon verlässlich für die ein oder andere Blitzlichtsalve sorgt. Im nächsten Jahr stellt er zum 36. Mal in Genf einen Prototypen hin.

Wofür der mittlerweile 59-Jährige mit seinen Kreationen steht, ist schwer auszumachen. Mal sind seine Prototypen schrill, mal gaga, dann wieder ökologisch bieder. Die Straße als einzige Showbühne ist dem Mann auch schon zu fad geworden: Seine Concept Cars gingen bereits auf Tauchfahrt oder pflügten durch die Wellen. Einige sahen zumindest so aus, als könnten sie fliegen. Kurzum: Rinderknecht ist der unangefochtene Self-Made-Studienleiter der Szene.

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Auch 2015 ist die Ideenschmiede, die mit dem Import von Sonnendächern und Behindertenfahrzeugen begann, wieder am Salon vertreten. Diesmal, darauf lassen zumindest die ersten, gerade lancierten Entwürfe schließen, ist Rinderknechts Vision eher unspektakulär. Der "Budii" soll dafür aber einen guten Freund geben, das steht zumindest auf Beschreibung zu diesem Elektroauto. Ein selbst lernendes, vor allem aber autonomer Buddy soll der Budii sein, der auch ein nettes technisches Gadget an Bord hat: eine Lenksäule, die sich links, oder rechts positionieren oder mittig wegklappen lässt. Letzeres soll Platz für die Kommunikation der Insassen schaffen. Nachdem der smarte Typ nicht wirklich repräsentativ für das Schaffen des Meisters ist und ein kleines Jubiläum ansteht - 2015 steht die Marke Rinspeed zum 25. Mal am Genfer Salon - zeigen wir eine kleine Auswahl aus dem Gesamtwerk:

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Ein frühes Werk aus dem Jahr 1996 war der Yello Talbot. Der Wagen entstand in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Musikduo Yello. Deren größter Hit namens "The Race" färbte auch auf die vitalen Werte der Studie ab. Null auf hundert in 5,5 Sekunden, Top-Speed 250 km/h.

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Wie einem wirren Animationsfilm entstiegen, wirkte hingegen der X-Trem von 1999. Praktisch: ein Schwenkarm, der auch als Überrolbügel dient, konnte als Ladekran genutzt werden. Der Traum aller Baumarkt-Zampanos.

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Praktisch gab sich Rinspeed im Jahr 2000. Der Tatooo.com gemahnte an einen Hot Rod. Das Ding auf der Ladefläche ist kein überdimensionierter Korkenzieher, sondern eine Halterung für ein von Rinspeed gefertigtes Tauchgerät, die Breathing Observation Bubble, kurz B.O.B.

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2002 zeigte sich der Presto ziemlich variabel. Per Knopfdruck ließ sich der 3,6 Meter lange Roadster auf 2,7 Meter einziehen. Auch nicht schlecht der Motor: Hier werkte ein Aggregat in kombiniertem Erdgas-Dieselbetrieb.

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Ein Jahr darauf zeigte man Porsche, wie die Zukunft für einen 911 Carrera Turbo aussehen könnte. Die Studie transformierte sich von einem viersitzigen Kombi in einen Pickup. Im Innenraum wurden ein paar Swarovski-Kristalle ausgestreut.

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Richtig spaßig wurde es in Genf, genauer am Lac Leman, als der Tüftler 2004 den Splash übers Wasser fahren ließ. Das Amphibienfahrzeug war zulande und auf dem Wasser zuhause. Ein Schinakel-Betrieb war Rinderknecht offenbar zu öde - ab einer bestimmten Wassertiefe ließ sich der Splash sogar in ein Tragflügelboot verwandeln. Das Concept Car ging nie in Serie, aus Kostengründen verzichtete der Hersteller aus dem nahe Zürich gelegenen Zumikon auf den Bau von Kleinserien.

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Hochintelligent war 2005 der Senso. Die erdgasbetriebene Flunder ging auf die Gefühle des Fahrers ein, womit Rinderknecht ein Thema in den MIttelpunkt stellte, das mittlerweile auch die großen Konzerne für sich entdeckt haben: Das individuelle Interface. Beim Rinspeed erfassten Sensoren, Kameras und eine Pulsuhr das Befinden des Fahrers. Je nach Gemütslage veränderte sich die Farbe des Cockpits. Bei Stress spielte der Senso zusätzlich beruhigende Musik ein und gab ein sedierendes Düftchen ab.

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2007 reizte der Schweizer Tüftler das Thema Leichtbau aus. Der eXasis bestand vor allem aus Kunststoff und Aluminium, der Turbomotor im Heck mobilisierte nicht zuletzt dank Ethanol 150 PS. Die hatten mit den 750 Kilo Leergewicht ihre Gaudi. 4,6 Sekunden auf Tempo Hundert.

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Den Showstopper des Salons lieferte Rinderknecht im Jahr 2008 ab. Der sQuba, eine versiegelte Lotus Elise, war eine Verneigung vor dem legendären Bond-Esprit. Das Ding war tatsächlich tauchfähig. Zwei Propeller und zwei Jetstreams neben den Türen sorgten unter Wasser für Vortrieb. Über Wasser erledigte ein E-Antrieb selbiges.

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2011 entdeckte Rindspeed das Ideal der Einfachheit. Der BamBoo besang die betörende Schönheit des Einfach-Unterwegsseins. Freiheit, Liebe, Ladefläche.

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Im Frühjahr 2014 wurden die Liegeflächen hingegen wieder üppiger. Ein umgebauter Tesla S trat in Genf als XchangE an. Die verstellbaren Relax-Sitze verwiesen auf ein autonom fahrendes Fahrzeug, das sich mittels Gesten steuern lässt. Der Budii wird 2015 das Thema fahrerloses Fahren erneut aufgreifen. Und Frank M. Rinderknecht tüftelt wahrscheinlich schon am autolosen Auto. (sts, derStandard.at, 10.12.2014)

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