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Wenn pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihrem Privatumfeld die Betreuung bekommen würden - leistbar -, die sie brauchen, würde das "enorme Einsparungen" bringen, die man in stationäre Pflegeplätze investieren könnte, sagt "Pflegeaktivist" Klaus Katzianka.

Foto: AP / Martin Oeser

Wien/Graz - Das Pflegegeld wird am Mittwoch im Parlament reformiert, die Kritik daran ist aber noch nicht abgeklungen. Im Gegenteil. Der erschwerte Zugang zu den zwei niedrigsten Pflegestufen stößt nicht nur bei Behindertenverbänden auf Widerstand. Eine neue Bürgerinitiative kämpft nun für leistbare Pflege möglichst lang in häuslichem Umfeld.

Der Beschluss bringt im ersten Schritt ab 2015 einen erschwerten Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2. Stufe 1 wird künftig erst ab mehr als 65 Stunden Betreuungsbedarf pro Monat gewährt (bisher 60), Stufe 2 ab 95 Stunden (bisher 85). Die somit erzielten Einsparungen (19 Mio. Euro 2015 und 57 Mio. Euro 2016) finanzieren in einem zweiten Schritt die Anhebung des Pflegegeldes im Jahr 2016 um zwei Prozent. Es wird sich dabei um die erste Aufstockung seit 2009 handeln.

Dem anstehenden Beschluss im Parlament steht die zunehmend lauter formulierte Forderung nach einer umfassenden, politischen Lösung der Pflegethematik gegenüber.

Die meisten Pflegegeldbezieher leben daheim

Zuletzt hatte der Präsident der niederösterreichischen AK, Markus Wieser kritisiert, dass der erschwerte Zugang rund 50 Prozent der Pflegegeldbezieher - derzeit sind das rund 236.000 Personen in Österreich - betreffe. Sie lebten meist zu Hause, brauchten aber Unterstützung. Die Anhebung der Pflegestufen verringere die Chance für Betroffene, so lang wie möglich daheim betreut werden können, sagte Wieser. Die AK-Niederösterreich unterstütze daher die parlamentarische Bürgerinitiative der Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs zur langfristigen Absicherung der Pflegefinanzierung.

Bürgerinitiative für leistbare Pflege

Parallel zu diesem Vorstoß der Behindertenverbände hat nun auch der "Pflegeaktivist" Klaus Katzianka eine parlamentarische Bürgerinitiative "Pflege leistbar" gestartet. Er hat sie am 24. Oktober 2014 im Parlament eingebracht. Auch Katzianka - er hatte bereits ein Volksbegehren zum Thema initiiert - weist darauf hin, dass in Österreich mittlerweile rund eine Million Menschen direkt oder indirekt von der Problematik betroffen seien. So auch er selbst.

Katzianka ist von Geburt auf ständige Pflege angewiesen und betreibt in Leoben eine Agentur, die eine 24-Stunden-Pflege organisiert. "Ich, als selbst Betroffener, weiß ganz einfach, wovon ich rede. Und zusätzlich engagiere ich mich nun auch schon über sieben Jahren in der Öffentlichkeit. Es braucht breitere Diskussionen, bei denen auch Betroffene und deren Umfeld endlich mit eingebunden werden müssen. Und man muss endlich zeitgemäße Veränderungen erkennen und zeitgemäß darauf reagieren", sagt Katzianka im Gespräch mit dem STANDARD. Es müsse "das Ziel sein, Menschen so lange wie möglich zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung zu versorgen und zu pflegen. Genau das wollen die Menschen und es ist mit Sicherheit auch die finanziell günstigste Lösung."

In den eigenen vier Wänden ist es billiger

Katzianka ist nach wie vor davon überzeugt, dass eine lange Pflege in den eigenen vier Wänden und eine nur kurze stationäre Betreuung "enorme Einsparungen" mit sich bringen würde, die wiederum in Pflegegeld und Pflege reinvestiert werden könnten.

Gegenwärtig seien 800 Agenturen in Österreich angemeldet. Ein Großteil der rund 80.000 Pflegerinnen sei über diese Organisationen tätig. Ein Teil arbeite selbstständig. Es sei de facto möglich, "dass heute jeder Pflegerinnen vermitteln kann", sagt Katzianka. Die Politik müsse hier regulierend eingreifen und strengere Regeln für die Pflegevermittlung sowie klare Qualitätskriterien schaffen.

Stationäre Angebote wichtiger Bestandteil

Katzianka: "Ich habe aber nichts gegen stationäre Einrichtungen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil im gesamten Pflegesystem. Es braucht eine Vielfalt von Angeboten. Jedoch sollte jeder ganz persönlich darüber entscheiden können, was für ihn das Beste ist." (Walter Müller, derStandard.at, 9.12.2014)