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Ansicht des Herzogskollegs in einer Miniatur aus dem Kodex 2765 der ÖNB ('Rationale Divinorum Officiorum' des Gulielmus Durandus, entstanden zwischen 1385 und 1404). Das Herzogskolleg war der erste Standort der Universität Wien (heute: Postgasse 7-9).

Foto: APA/ARCHIV DER UNIVERSITÄT WIEN/UNBEKANNT

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Ausschnitt einer Stadtansicht von Wien (Jacob Hoefnagel, 1609), mit dem Herzogskolleg (rechts) und der Dominikanerkirche (links). Das Herzogskolleg war der erste Standort der Universität Wien (heute: Postgasse 7-9).

Foto: APA/ARCHIV DER UNIVERSITÄT WIEN/UNBEKANNT

2015 wird die Gründung der Universität Wien 650 Jahre zurückliegen. Mitte November hat Rektor Heinz Engl das umfangreiche Jubiläumsprogramm präsentiert. Es reicht von Balletteinlagen für das kommende Neujahrskonzert zu einer Ruder-Regatta, über Ausstellungen und Tagungen bis hin zu Aktivitäten für Kinder und Jugendliche und zu einer Plakatkampagne, bei der hochkarätige Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf Wiener Plätzen und in U-Bahn-Stationen präsentiert werden. Beim Themenschwerpunkt Gendergerechtigkeit sind sogar kritische Töne dabei. Das Hauptanliegen des Jubiläumsprogramms sei es, so Rektor Engl, die herausragenden Leistungen der Universität Wien darzustellen.

Man ist immer wieder erstaunt, wie viele Top-Wissenschafterinnen und Top-Wissenschafter an der Universität Wien beschäftigt sind; wobei noch dazu kommt, dass die Medienpräsenz nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Menge im Bewusstsein der Allgemeinheit verankern kann. Dabei ist das Budget der Universität Wien nicht gerade hoch. Das heißt, es ist hoch in absoluten Zahlen, aber klein, gemessen an der Zahl der zu betreuenden Studierenden und der übrigen Aufgaben, und sehr klein, gemessen am Budget ausländischer Top-Universitäten, deren Position in internationalen Rankings der Uni Wien gerne als Mahnung vorgehalten wird.

Großer Wert und kleiner Preis?

Doch halt – weder bei der Programmpräsentation noch im Programmheft (immerhin 140 Seiten dick!) findet sich ein Hinweis auf Budgetknappheit oder Sparzwang, obwohl die Leitung der Uni Wien sonst fast keine Gelegenheit auslässt, auf den Geldmangel hinzuweisen. Nicht zuletzt, wenn das Personal (mehr) Geld für bestimmte Leistungen fordert. Warum dann ausgerechnet hier, wo Medienecho garantiert ist, nicht einmal ein kleines Seitenhiebchen auf die finanzielle Lage? Ich kann mir vorstellen, dass dahinter die Strategie steht, erst einmal die Leistungen zu präsentieren und dann darauf hinzuweisen, dass sie ihren Preis haben.

Das Jubiläumsprogramm der Universität Wien.

Man hätte die Präsentation der Universität Wien auch ganz anders aufziehen können: Statt sich ausschließlich auf Spitzenforschung und Top-Professorinnen und Top-Professoren zu konzentrieren – in der Pressekonferenz sagte der Rektor, dass das Auswahlkriterium für einen Platz auf den Plakaten vor allem das Einwerben eines ERC-Grants* (d.h. gewissermaßen die Nobelpreise der Forschungsförderung) gewesen sei –, wäre es auch möglich gewesen, Schlaglichter auf die vielen, in den Augen des Rektors wohl kleinen, Rädchen innerhalb des universitären Betriebs zu werfen. Die mögen für sich allein genommen nicht repräsentativ für die Uni Wien sein, prägen aber gemeinsam das Bild der Uni. Das Universitätspersonal umfasst beinahe 10.000 Menschen, darunter fast 2.000 Allgemeinbedienstete. Von den 7.000 Beschäftigten des wissenschaftlichen Personals befinden sich mindestens 2.000 genaugenommen noch im Studium oder unterrichten am Sportinstitut und erbringen weitere 2.000 ihre Forschungsleistung außerhalb der universitären Anstellung.

Darf's ein bisserl weniger sein?

Heute wird zwar niemand behaupten, dass die Universitäten für Österreich unbedeutend seien, aber Hochschulthemen schaffen es selten und dann meist verballhornt in den Boulevard. Minister Karlheinz Töchterle war beliebt, weil er Latein konnte; sein Ressort wurde als zweitrangig eingestuft – als es mit einem anderen Ministerium zusammengelegt wurde, regte das außerhalb der Unis so gut wie niemanden auf. Minister Reinhold Mitterlehner ist und bleibt für die Öffentlichkeit in erster Linie Wirtschaftsminister. Am ehesten werden die Unis als Ausbildungsstätte "unserer Jugend" gesehen. Der Zugang zu Hochschulstudien (Platz, Geld) ist ein breitenwirksamer Aufreger. Der Zustand von Labors, die vielen befristeten Mini-Jobs, ein Entscheidungssystem, in dem nicht Argumente zählen, sondern die Kurie, der man angehört, Sparappelle für Arbeitsbereiche, in denen ohnedies bereits seit Jahren eingespart wird, werden hingegen nur "off the records" diskutiert.

Mehr Budget für den Hochschulsektor lässt sich in unserer mediendominierten Welt nur mit Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit erreichen. Wenn es Pluspunkte im Beliebtheitsranking bringt, sich für etwas einzusetzen, dann machen Politikerinnen und Politiker das. Ich bezweifle, dass die Öffentlichkeit Verständnis für die Ausfinanzierung einer Universität entwickelt, wenn diese Universität nur mit Kapazundern identifiziert wird, deren Tätigkeit sich fern von der Lebenswelt derjenigen abspielt, die in den U-Bahn-Stationen Plakate betrachten. Die Präsentation einer Universität für die Bevölkerung ist etwas anderes als ein Hochschulranking.

Wir sind das Universitätsvolk!

Es hätte also durchaus eine langfristig gewinnbringende Strategie sein können, auf das Gesamtwerk Universität zu setzen und die Uni Wien als Arbeitsplatz von Tausenden von Menschen ins Bild zu rücken. Ein menschlich netter Zug wäre es auch gewesen! Immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit viel Idealismus für die Uni einsetzen, sind immer öfter enttäuscht über die endlose Reihe von Gelegenheiten für zumindest ein paar Dankesworte, die von den obersten Vorgesetzten ungenützt gelassen werden, oder gar für das Gefühl, dass man sie und ihre Ideen ernst nimmt.

Kolleginnen und Kollegen, die Leistungen erbringen, wünschen sich, dass die Termini "Leistungsträgerinnen und Leistungsträger" im inneruniversitären Diskurs nicht nur auf Mitglieder der Professorenkurie und Führungskräfte bezogen wird. Zu diesem Befund passt auch, dass bei der Pressekonferenz, bei der der Rektor und die Vertreter (!) der Sponsoren das Programm des Jubiläumsjahres vorgestellt haben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das umfangreiche Programmheft zusammengestellt und gestaltet haben, nicht einmal mit einer Dankesfloskel erwähnt wurden. Sie haben ja auch keinen ERC-Grant eingeworben, genau wie Tausende andere Uni-Angestellte und zugeteilte Beamtinnen und Beamte auch, die ihre Arbeit gut erledigt haben und vielleicht sogar selbstlos mehr als unbedingt nötig geleistet haben, und, wie ich die Kolleginnen und Kollegen kenne, zumeist auch weiter leisten werden. Ich wünsche der Universität Wien trotzdem alles Gute für ihr Jubiläumsjahr. (Christine Kasper, derStandard.at, 12. Dezember 2014)