Dezember ist, der Listenwahn grassiert, und er macht natürlich nicht halt vor Schmecks, dem stetig kleineren, aber konstant dreckigen Gastroblog in dieser sonst höchst kundigen und gediegenen Umgebung. Also (auch) hier: 20 plus 14 Mal "des Jahres".

Diese 20 und 14 Lobpreisungen, ein paar werden nachgereicht, beanspruchen nur für mein (übrigens wunderbarer nicht denkbares) Jahr Geltung. "Des Jahres" heißt also nicht: Hat heuer aufgesperrt, hat heuer erstmals diese Höchstleistung vollbracht oder hat heuer dieses oder jenes hoch gelobte Gangerl ersonnen.

Was auch immer ich da lobe (oder bemängele) - es ragte für mich heraus, nach oben oder unten, oder fiel mir besonders auf in diesem Jahr. Das tatsächlich Neue, gewiss Wichtige, womöglich Essenzielle dieses Jahres 2014 lesen Sie anderswo als bei Schmecks. Ich schau's mir dann nächstes Jahr an. Oder übernächstes. Und jetzt endlich: Die ersten Besten aus 2014:

Kapitulation des Jahres

Schmecks scheitert seit bald acht Jahren (fast) wöchentlich, aber hier kapituliere ich gackernd vor der Auswahl der besten Einsendungen des Jahres zur Schmeck's-Schau: Zahnbrassen-Gemurmel? Zahnstein vom Wolfsbarsch? Ottaklinger? Stelze für das Taschenmesser in Grenznähe? Rinderrauschfleisch war lange mein Favorit. Praktisch Kopf an Kopf mit dem Datei Seeteufel mit Prosciutto. Frische Kalbsbrust von der Schweinslende. Berner Würstel als Freitagshit. Aber die Speisekarten-Rubrik "Um zu jucken" mit Gerichten wie "Ich werde von Platt mit Pfeffern Schön" und "Couch von Sardellen" ist schwer zu toppen. 2014mal Danke für auch schon ganz schön viele Jahre User-Fotos aus der wundersamen Welt des Essens!

Foto: Mario Naxner für Schmeck's Schau

Kugel des Jahres

Ein (beileibe nicht immer) knackiges, oft gar ein bisserl fades Kichererbsenkugerl sorgte für die intensivsten Debatten in diesem kleinen Gastroblog: Falafel - und wo es die beste in Wien gibt. Ich bin noch nicht restlos überzeugt - aber herzlichsten Dank für die kundigen Beiträge!

Foto: Harald Fidler

Steirerball des Jahres

Dafür kann ich mit Bestimmtheit sagen, wo es die beste steirische Falafel gibt, jedenfalls für mich: Im äußerst schmucken Pfarrhof in Sankt Andrä im Sausal beim hoch geschätzten Tom Riederer. Wer garantiert kichererbsenfreie, saftig-knackige Breinwurstbälle liefert, die nur wie Falafel aussehen, dazu Rote-Rüben-Essenz, der ist mein Freund. Riederer und sein Pfarrhof sind zudem nominiert in den Kategorien Schöner Wohnen nach dem schönen Essen, Altglasssammler des Jahres, Pfarrwirt des Jahres und Comeback des Jahres.

Foto: Harald Fidler

Wiedersehen des Jahres

Die gerade in Wiedersehen umgetaufte Kategorie Comeback des Jahres ging freilich an Gerald Jeitler, den ich vor lauter Rührung über das Wiedersehen im Steinfeldhof gleich in Gerhard umgetauft hab – wie mir grad erst aufgefallen ist. Sorry dafür! War auch nominiert in den Kategorien Gebackenes des Jahres, Hofidyll des Jahres und selten ungestützt angesteuerte Ausflugsziele.

Foto: Harald Fidler

Wein-Wagnis des Jahres (namentlich)

Die Kategorie Ausflug des Jahres entschied – wegen der wunderbaren Begleitung, der wundervoll türkisen Soča und der letztlich doch ganz schmucken Wirtschaft Hiša Franko und den eineindreiviertel Ess-Erlebnissen auf dem Weg – denn doch Kobarid und Umgebung für sich. Dort allerdings gilt es neben recht schönem Essen vor allem die recht schmucke Weinauswahl hervorzuheben – und einen der wohl mutigsten Namen eines Weingutes zwischen Viktring und Vipava-Tal: Pasji Rep, Hundeschwanz. Im Bild übrigens Ravioli – rote Rübe Leber, Rettich in Hiša Franko .

Foto: Harald Fidler

Kärntner des Jahres

Die Hymnen der professionellen Gastrojournalistik machen einem profanen Esser wie mir das Leben ja nicht leicht. Sie schrauben Erwartungen, gewiss ohne böse Absicht und ganz unfreiwillig besonders beachtet, in Höhen, die auf Dauer und für ganz normale Gäste da und dort schwer zu halten sind. Ich darf berichten: Stefan Lastin hielt der Erwartung bravourös stand in Frierss Feines Haus. Im Bild: Etouffé-Taube im nicht nur modischen Mäntelchen aus Kräuterseitlingen. Aber hallo!

Foto: Harald Fidler

Sternsingen des Jahres

Ein Wochenende mit großen Essern in San Sebastian alias Donostia. Akelare - schon ganz, ach was: sehrsehr gut. Aber irgendwie aus der Zeit gefallen - so perfekt frisch möchte ich einmal aus der Zeit fallen. Dennoch: Martin Berasategui legt schon noch was drauf. Ergibt: Sechs Sterne in zwei Tagen und ein Kandidat für den Schweinsfuß des Jahres. Im Bild: Berasateguis Hommage an eine baskische Süßwareninstitution (Gorrotxategi) - und im Grunde: Ein Ei. Auf flüssigem Kräutersalat. Auf einem Scheibchen vom Hals der Kuh. Aber hallo. Wie der Schweinsfuß. Donostia war übrigens auch nominiert in der Kategorie Warten auf Fotó: bald ein Jahr. Daher nur meine, und die von höchstens mittelmäßiger Qualität.

Harald Fidler

Versäumnis des Jahres: Müller und Mugaritz

Die weitaus härteste Kategorie.

1) Schweinsfuß, sagt die äußerst geschmackssichere D. zu mir, und ergänzt freundlicherweise nach einer kleinen Pause: Da hast du echt was versäumt, wenn du noch nicht im Kussmaul warst. War ich noch nicht. Nehm ich mir vor für 2015. Und hoffe, dass der Fuß dort noch nicht aus der Mode ist.

2) Mugaritz. Ich war in San Sebastian, als Mugaritz gerade auf Pause war. Gut, ich hatte den Trip nicht geplant. Aber: Ein Fehler, zweifellos. Und einiges versäumt. Ganz sicher. Muss nachgeholt werden. Asap, wie man sagt, auch in Donostia. Klingt dort nur nach einem anderen Sternewirten (Arzak, ich weiß). Den sollt ich auch gleich mitnehmen, wenn.

3) Wenn der weltläufigste, profundeste und selbst tätige Gastroschreiber überhaupt, der neben dem Schreiben und Kochen a) auch noch sehr gut fotografiert und b) gleich zweimal mit mir essen war, einen Heurigen aufmacht, dann muss ich hin. Hab ich aber nicht geschafft, ich schiebe das auf noch weit wunderbarere Ereignisse dieses Jahres, wunderbarer als dass Tobias Müller einen Heurigen aufmacht (also schwer denkbar, aber wahr). Ich schwöre hier: Wenn das noch einmal passiert, bin ich dort. Und schreibe nichts. Tät ich mich nicht trauen.

Ergibt, nur beinahe ex aequo, drei schwere Versäumnisse des Jahres.

Buschenschank meines Jahres

Wenn ich schon Müllers heute schon legendären Heurigen im schönen Burgenland versäumt habe - einen schon etwas länger legendären auf dem anderen Ufer der Wachau hab ich geschafft: Pulker's Weinhaus. Fett as fett can. Eine großartige Unterlage, ein würdiger Sieg.

Foto: Harald Fidler

Snack des Jahres

Wo wir schon bei kleineren und größeren Imbissen sind - und gerade noch in San Sebastian waren: Pintxos wie dieser Seeigel in der Bar Zeruko, ein kleiner Blunzenvulkan im Hidalgo 56 oder ein Kebab von der Schweinsrippe für echt kein Geld, dafür lass ich sogar den einen oder anderen Dreisterner aus. Wenn nur die Anreise in diese windige Gegend ein bisserl einfacher wäre...

Foto: Harald Fidler

Sachkenntnis des Jahres

Nominiert auch in der Kategorie Posting des Jahres auf Schmecks: Hernando Morales erinnerte mich aufgrund dieses gewohnt mittelmäßigen Bildes (und eines noch viel weniger charakteristischen) daran, dass das die falsche Stelle war, um die Bar Zeruko auszupacken - das war, wie Morales messerscharf erkannte, das Hidalgo - 56, und nicht 54, aber wer wäre ich, Morales diese kleine Unschärfe vorzuhalten?

Fehlen noch 20 auf 20 und 14. Demnächst hier. (Harald Fidler, derStandard.at, 9.12.2014)

Foto: Harald Fidler