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Der Konjunktur in Europa ist die Luft ausgegangen, jener in Griechenland sowieso. Doch die Troika, ein Herz für Athen, wird weitere Hilfsgelder geben. Frankreich braucht kein Hilfsprogramm, aber mehr Zeit.

Foto: AP/Burgi

Athen/Brüssel - Es ist der ausgeglichenste Haushalt seit Jahrzehnten, doch die Mehrheit der Euro-Finanzminister beeindruckt er nicht sonderlich: Das griechische Parlament nahm in der Nacht auf Montag mit der knappen Stimmenmehrheit der Regierungskoalition das Budget für 2015 an - allerdings ohne Zustimmung der Troika. Griechenlands Kreditgeber sahen ein Loch von 2,5 Milliarden Euro in der Rechnung der Regierung in Athen. Mittlerweile wären sie auch mit neuen Sparmaßnahmen in Höhe von "nur" 1,7 Mrd. Euro zufrieden.

Die Finanzminister der Eurozone wollen nun das Hilfsprogramm für Griechenland um zwei Monate verlängern. Trotz jüngster Fortschritte könne die Bewertung der Lage des Landes nicht mehr bis Jahresende abgeschlossen werden, erklärten die Minister der Eurozone. Griechenland wird damit die letzte Tranche aus dem Hilfsprogramm nicht mehr in diesem Jahr erhalten.

Am Dienstag wird Athen nach EU-Angaben die Verlängerung beantragen. Die Eurozone neige dazu, diese Verlängerung zu gewähren, betonte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Nach Ende des Rettungsprogramms favorisierten die Länder der Eurozone eine vorsorgliche Kreditlinie für die griechische Regierung, fügte er hinzu.

Einwände

Athen setzte sich mit Einwänden durch, denn zunächst war als Kompromiss eine Extra-Zeit von drei Monaten im Gespräch gewesen. Griechenland kommt es vor allem darauf an, sich nicht mehr den strengen Vorgaben der Geldgeber-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) unterwerfen zu müssen.

Die Verlängerung ist nötig, weil die laufende Kontrolle der Troika erheblich verzögert ist. Am Dienstag kehren nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici Vertreter der EU, des IWF und der EZB für ihre laufende Überprüfung nach Griechenland zurück.

Dramatische Zeiten für Griechenland

Griechenlands konservativer Premier Antonis Samaras und sein schwach gewordener Koalitionär, die Sozialisten der Pasok, steuern nun wieder dramatischen Zeiten entgegen. Die Präsidentenwahl wird um zwei Monate vorgezogen. Die Abstimmung werde nun am 17. Dezember beginnen und nicht erst am 15. Februar, teilte die Regierung am Montag mit. Die linke Opposition untergrabe Bemühungen, sich mit den Geldgebern von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu einigen, hieß es zur Begründung.

Ministerpräsident Antonis Samaras erklärte, mit der "politischen Unsicherheit" müsse jetzt Schluss sein. Er möchte die mit strengen Auflagen verbundenen Hilfsprogramme möglichst bald hinter sich lassen, umso das Überleben seiner Regierung nach der Präsidentenwahl zu sichern.

Das Linksbündnis Syriza scheint entschlossen, diese Wahl zu blockieren, was die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen zur Folge hätte. Syriza führt seit Monaten in den Umfragen.

"Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, dann kümmern einen auch nicht die Grundlagen der Wirtschaft", sagte ein Beamter des Finanzministeriums dem Standard und versuchte damit die Haltung der Syriza-Wähler zu erklären. Die Linke erhält Zulauf von den offiziell 26 Prozent Arbeitslosen, von Studenten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. Nach einem Sieg von Syriza könnte es wieder eine Debatte über Griechenlands Ausschluss aus der Eurozone geben. Samaras ist deshalb bemüht, die Troika so rasch wie möglich loszuwerden, um den Griechen einen politischen Erfolg zu präsentieren.

Mehr Anstrengung eingemahnt

Während Griechenland Lob einheimste, mahnten die Finanzminister der Eurozone mehr Reformanstrengungen in Frankreich und Italien zur Einhaltung der EU-Haushaltsregeln ein. Das vom konjunkturellen Auf und Ab bereinigte strukturelle Defizit werde nach Einschätzung der EU-Kommission 2015 in Frankreich nur um 0,3 Prozent sinken, nötig seien gemäß Stabilitäts- und Wachstumspakt aber 0,8 Prozent. Deshalb seien weitere Maßnahmen notwendig.

In Italien sollte das strukturelle Defizit um 0,5 statt wie bisher prognostiziert um 0,1 Prozent gedrückt werden. "Wir vertrauen darauf, dass die EU-Kommission alle notwendigen Schritte unternimmt, um die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sicherzustellen", heißt es in der Erklärung der Eurogruppe. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici betonte, dass die Zeit bis März zu nutzen sei: "Das ist keine Zeit für Bewertungen, das ist eine Zeit für Handlungen." Da die Defizitgrenze bis März unerreichbar ist, wird ausschlaggebend, welche Strukturmaßnahmen Paris beschließt.

Vor Generalstreik

Probleme auch in Italien: Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die Bonität Italiens auf "BBB-" und damit auf die letzte Stufe vor Ramschniveau gesenkt (Ausblick aber stabil), und die Staatsverschuldung wird bis Ende 2017 um knapp fünf Prozent höher sein als noch im Juni prognostiziert. Immerhin hat Regierungschef Matteo Renzi seine Arbeitsmarktreform gegen Gewerkschaftsproteste durchgesetzt. Der rigorose Kündigungsschutz wird gelockert und die Neueinstellung von Arbeitskräften erleichtert. Die Gewerkschaften wollen den "Rückschritt am Freitag mit einem Generalstreik bekämpfen". (mab, tkb, Reuters, DER STANDARD, 9.12.2014)