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Selbst wenn es kein Weiterkommen gibt, wird um jede Autolänge gekämpft.

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

In der hässlichen Jahreszeit, wenn es kalt und feucht ist und die Leute vielleicht noch ein bissl zwiderer sind als sonst, fällt es noch mehr auf: die völlig ungemessene Aggressivität vieler Autofahrer. Und das ist nicht geschlechtsneutral formuliert, tatsächlich betrifft das vorwiegend Männer und in viel geringerem Ausmaß Frauen.

Auch in anderen Ländern wird viel gehupt und gedeutet und geschimpft, also laut Auto gefahren. Die unbändige Aggression, mit der allgemeine oder spezifische Unmutsäußerungen in Wien hinterlegt sind - in der Bundeshauptstadt ist der Grantler aber schon sehr ausgeprägt. Die Leute tragen ihre latent schlechte Laune besonders hingebungsvoll im Straßenverkehr und dort an ihren Mitbewerbern aus.

Autofahren als psychische Belastung

Es ist erschreckend, was da aus den Fahrern herausbricht. Schimpf- und Schreiduelle, natürlich so obszön wie möglich, sind an den Ampeln und zwischendurch an der Tagesordnung. Rote Köpfe, runtergekurbelte Fenster, gestreckte Finger, herausgebrüllter Hass. Was müssen das für unglückliche und unbefriedigte Menschen sein, die sich derart im Verkehr abreagieren müssen.

In Situationen, in denen es völlig belanglos ist, weil es eh kaum ein Weiterkommen gibt, wird um jede Autolänge gekämpft. Es wird aufgefahren, reingeschnitten, angeblinkt und herzhaft "Du Oarschloch" geschrien. Autofahren wird so in der Stadt zu einer psychischen Belastung, das kann einem echt die Laune verderben. Im Grunde hilft nur eines dagegen: kühlen Kopf bewahren, Ärger runterschlucken, lachen, grüßen, freundlich zurückwinken. (Michael Völker, DER STANDARD, 5.12.2014)