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Morgenstimmung im deutschen Brandenburg. Die Windenergieindustrie ist längst aus der Nische, in der sie einmal steckte, herausgetreten. In Österreich gibt es Rekordzuwächse an installierter Windkraftkapazität. Am meisten tut sich derzeit aber in China.

Foto: dpa / Patrick Pleul

Wien - Die Windenergie, einst als Hobby "grüner Spinner" belächelt, hat sich zu einem Eckpfeiler der nationalen wie internationalen Stromaufbringung entwickelt. Trotz Rückschlägen in verschiedenen Ländern, wo entweder rückwirkend wie in Spanien die Förderlandschaft umgepflügt wurde oder Investoren wie im Fall Argentiniens wegen politisch-wirtschaftlicher Instabilität kalte Füße bekommen, sei der globale Siegeszug der Windenergie vorgezeichnet, sagte der Präsident des Weltwindenergieverbands (GWEC), Klaus Rave, am Rande eines Windenergiesymposiums in Wien.

Es sei an der Zeit, das Ganze zu vernetzen. "Wir sollten großräumig denken", sagte Rave. "Wenn wir über Transportadern von China über Russland nach Europa sprechen und dabei an Seidenstraße und Transibirische Eisenbahn denken, sollten wir parallel auch den Ausbau der Stromleitungen mit in Betracht ziehen. Durch den Zeitunterschied zwischen Osten und Westen kann man so die optimale Versorgung über Zeitzonen hinweg gewährleisten."

47 Netzbetreiber

Diese Ansicht deckt sich mit dem Ergebnis verschiedener wissenschaftlicher Studien. Die lassen sich folgendermaßen auf den Punkt bringen: Je größer das Marktgebiet, desto einfacher sind Schwankungen in der Stromproduktion ausbalancierbar, die bei erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne unvermeidlich sind. Der Vorteil davon wäre, dass dann nicht in großem Stil schnell einschaltbare Gaskraftwerke vorgehalten werden müssten. In Europa etwa gibt es 47 verschiedene Netzbetreiber mit überregionaler Bedeutung und rund 300 verschiedene Softwareprogramme, die allein in Deutschland zur Steuerung des Netzbetriebs in Gebrauch sind – Umstände, die den Energiefluss insgesamt hemmen.

Nicht von ungefähr verweist Rave auf China, den am schnellsten wachsenden Windenergiemarkt der Welt. In den vergangenen 15 Jahren verzeichnete die dortige Windenergiebranche Zuwachsraten von 18 bis 25 Prozent. Inzwischen sind in China mehr als 90.000 Megawatt (MW) Windkraftleistung installiert, und der Zuwachs liegt bereits über dem der klimaschädigenden, aber in China reichlich vorhandenen Kohle. Wie bei der Fotovoltaik haben auch bei der Windenergie immer mehr chinesische Firmen das Sagen. Über kurz oder lang würden diese auch in Europa stärker auftreten. Zuvor müsste die staatlich dominierte Windkraftbranche, die stark mit westlicher Technologie (auf Lizenzbasis) arbeite, aber transparenter werden, glaubt Rave.

Kleiner österreichischer Markt

Österreich ist, verglichen mit dem riesigen China, ein verschwindend kleiner Markt, die Windenergiebranche aber ein nicht zu unterschätzender Faktor. Ende 2014 werden bis zu 7,5 Prozent der österreichischen Stromerzeugung durch Windkraft gedeckt, bis 2020 könnten es bereits 13,5 Prozent sein, glaubt der Geschäftsführer der IG Windkraft, Stefan Moidl.

Allein heuer sind in Österreich 400 MW installierte Windkraftleistung zu den vorhandenen 1680 dazugekommen – so viel wie noch nie. Der Grund laut Moidl: "Stabile, berechenbare Rahmenbedingungen." 2015 dürfte es in dieser Geschwindigkeit weitergehen. (Günther Strobl, DER STANDARD, 4.12.2014)