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Das Bild zeigt das Atomkraftwerk Saporischschja im Jahr 1994.

APA/EPA/SERGEI SUPINSKYFoto:

Kiew - Im Atomkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine ist es offenbar zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Sprecher des deutschen Umweltministeriums gab am Nachmittag Entwarnung: Es sei ein Missverständnis, laut Gesellschaft für Reaktorsicherheit habe es keinen Atomunfall gegeben, berichtete Reuters.

Zuvor hatte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk von einem Atomunfall gesprochen und damit für Verwirrung gesorgt. Er hatte die Äußerung, dass sich in der Südostukraine eine Unregelmäßigkeit an einem AKW ereignet habe, am Rand der wöchentlichen Kabinettssitzung mitgeteilt, der ersten der neu gewählten Regierung.

Außenministerium: "Unplanmäßige Abschaltung"

Der österreichische Botschafter in der Ukraine, Wolf Dietrich Heim, habe von den Behörden in Kiew erfahren, dass es sich um die unplanmäßige Abschaltung eines Reaktors gehandelt habe, sagte Martin Weiss, der Sprecher des Außenministeriums, Mittwochnachmittag.

Dem Botschafter sei versichert worden, ihn weiterhin zu informieren. Der Generalsekretär im Außenministerium, Michael Linhart, habe sich mit dem stellvertretenden Generaldirektor der IAEO, Alexander Bychkov, in Verbindung gesetzt, sagte Weiss.

Die Experten des Gesundheitsministeriums in Wien beurteilen die Situation rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja (Saporoschje) derzeit als nicht gefährlich. Nach aktuellem Wissensstand sei es zu keiner Freisetzung von Radioaktivität gekommen, betonte das Ministerium am Mittwochnachmittag in einer Aussendung und warnte zugleich vor Panikreaktionen.

Auch französische Botschaft entwarnt

Das französische Institut für nukleare Sicherheit (IRSN) hat nach eigenen Angaben keine außergewöhnliche Belastung durch Radioaktivität bemerkt. Man habe zwei Messgeräte auf dem Dach der französischen Botschaft in Kiew installiert, dort sei nichts Ungewöhnliches registriert worden. "Hätte es einen Unfall gegeben, würden wir es wissen", sagte Michel Chouha vom IRSN.

"Keine Probleme mit Reaktoren"

Energieminister Wolodimir Demtschischin sagte am Mittwoch in Kiew, von dem Zwischenfall in der Anlage Saporischschja gehe keine Gefahr aus. "Es gibt keine Probleme mit den Reaktoren." Bis Freitag würden die Probleme behoben sein. Der Vorfall stehe in keinerlei Zusammenhang mit der eigentlichen Stromerzeugung, sondern betreffe das Stromverteilungssystem des Kraftwerks.

Laut der Nachrichtenagentur Reuters war ein Problem in Block 3 aufgetreten und hatte zu einer Verringerung der Stromproduktion geführt. Laut der Agentur Interfax soll Block 3 bereits am Freitag wieder ans Netz angeschlossen werden.

Wartungsarbeiten seit einer Woche

Informationen des STANDARD zufolge werden seit 28. November Wartungsarbeiten an dem betreffenden Block durchgeführt. Am 1. Dezember soll es dabei zu technischen Problemen gekommen sein, wie eine Sprecherin Jazenjuks sagte. Es gebe aber keine Kernschmelzen oder ähnliche Probleme. Die Arbeiten würden auch noch andauern. Es sei niemand evakuiert worden, die Arbeiten im Werk würden planmäßig weiterlaufen.

AKW-Sprecherin weiß nicht, was Jazenjuk meint

Eine Sprecherin des Kraftwerks bestätigte der deutschen Tageszeitung "Welt", dass Block 3 am 28. November wegen einer Störung in der Elektronik für Reparaturarbeiten abgeschaltet wurde. Auf dem Kraftwerksgelände gebe es keine erhöhte Strahlung, so die Sprecherin. Was Jazenjuk mit "Atomunfall" gemeint habe, wisse sie nicht. Die Abschaltung zu Reparaturzwecken habe aber eine "Stromknappheit" zur Folge gehabt.

Das AKW Saporischschja besteht aus sechs Reaktorblöcken mit einer Leistung von jeweils 1.000 Megawatt. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien ging der älteste Block 1984 ans Netz, der letzte 1995. Das AKW liegt rund 500 Kilometer südöstlich von Kiew am Fluss Dnepr nahe der Stadt Enerhodar, etwa 50 Kilometer von der Großstadt Saporischschja entfernt.

Keine Informationen bei IAEA

Bei der IAEA war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. 1986 war es im ukrainischen AKW Tschernobyl zu einer Nuklearkatastrophe und einer großflächigen Verstrahlung der Umwelt gekommen. Seitdem müssen alle Zwischenfälle in AKWs der IAEA gemeldet werden. Die Ukraine erzeugt fast 44 Prozent ihres Stroms aus Atomkraft. Zurzeit sind der IAEA zufolge in der Ukraine 15 Kraftwerke in Betrieb und zwei im Bau. (red, nje, Reuters, 3.12.2014)