Die Astrophysikerin Astrid Veronig will bessere Weltraumwetterprognosen entwickeln.

Foto: Sissi Furgler Fotografie

Kompassnadeln, die in die falsche Richtung zeigen, GPS-Satelliten, die nicht mehr die exakten Daten senden: Materieausbrüche von der Sonne bleiben auf der Erde nicht unbemerkt. "Dadurch, dass mittlerweile so viel Technologie über Satelliten läuft, beeinflussen Ausbrüche auf der Sonne immer stärker unser Leben", sagt Astrid Veronig. Die Steirerin wurde für ihre Forschung zur Physik von Sonnenausbrüchen von der Initiative Femtech des Infrastrukturministeriums als Expertin des Monats ausgezeichnet.

In ihrer Arbeit untersucht Veronig das Zustandekommen von Sonneneruptionen und Strahlungsausbrüchen sowie deren Auswirkung auf das Erdmagnetfeld und das Weltraumwetter in Erdnähe. Aktuell beschäftigt sie sich mit der Entwicklung und Implementierung eines automatisierten Beobachtungs- und Bilderkennungssystems von Strahlungsausbrüchen.

"Längerfristig wollen wir diese Phänomene auf der Sonne und die Wechselwirkungen bei ihrer Ausbreitung im Weltraum physikalisch besser beschreiben können", sagt Veronig. So sollen in Zukunft treffendere Voraussagen abgegeben werden können, welchen Einfluss Sonneneruptionen auf die Erde haben und diesen entsprechend entgegengewirkt werden. "Im Moment gibt es zwar Voraussagen, aber diese sind noch nicht gut genug", sagt die Astrophysikerin: "Manche vergleichen es mit den Wettervoraussagen von vor 50 Jahren." Es würde noch viel Grundlagenverständnis fehlen, um genaue Aussagen zu machen.

"Wenn wir einen Ausbruch auf der Sonne sehen, können wir schon jetzt abschätzen, ob und wann dieser die Erde treffen wird", sagt Veronig. Jedoch sei es sehr unsicher, ob der Ausbruch Störungen auf der Erde hervorrufen wird und mit welcher Intensität. Extreme Ausbrüche können etwa zu Stromausfällen führen. Aber bereits bei weniger starken Eruptionen können Satellitenbahnen gestört werden, was zu falschen GPS-Signalen führt; oder es werden Flugzeugstrecken, die über Pole laufen, umgeleitet, um die Passagiere vor erhöhter Teilchenstrahlung zu schützen. "Turbulenzen unseres Weltraumwetters haben aber auch schöne Seiten: Nordlichter", sagt Veronig.

Die Faszination für den Weltraum entwickelte Veronig schon in ihrer Kindheit. "Ich habe mich früh für Science-Fiction interessiert", sagt sie: "Als Kind habe ich Raumschiff Enterprise gesehen und später populärwissenschaftliche Bücher zu den spannenden Objekten der Astrophysik - etwa schwarze Löcher und weiße Zwerge - gelesen." Um ihre Leidenschaft besser zu verstehen, entschied sie sich zum Astronomie- und Physikstudium an der Karl-Franzens Universität in Graz. "Ich habe erst viel mit den Grundlagen, der Mathematik und Physik, zu tun gehabt. Mit diesem Rüstzeug kann man sich Problemen der Astrophysik stellen", sagt Veronig.

Nach Abschluss ihrer Doktorarbeit arbeitete die heute 44-Jährige am Nasa Goddard Space Flight Center in Maryland in den USA. 2003 kehrte Veronig als Professorin für Astrophysik an die Uni Graz zurück, wo sie stellvertretende Leiterin des Institutsbereiches für Geophysik, Astrophysik und Meteorologie ist. Seit 2013 ist Veronig Leiterin des Observatoriums Kanzelhöhe für Sonnen- und Umweltforschung der Universität Graz. (Oona Kroisleitner, DER STANDARD, 3.12.2014)