Mit dem Ball zaubern wie Messi: Das funktioniert zwar im "Fifa" -Videospiel, lässt sich aber (noch) nicht in die Realität umsetzen.

Foto: EA Sports

Köln/Wien - Wer es nicht schafft, seinen Traum vom Beruf Profifußballer zu verwirklichen, kann zumindest an der Konsole nachempfinden, wie es ist, ausverkaufte Stadien zu begeistern: Fußballgames wie Fifa oder Pro Evolution Soccer ziehen weltweit Videospieler in ihren Bann.

Kann man aber durch das Daddeln vor dem Bildschirm auch sein Spiel im realen Leben verbessern? Dieser Frage gingen kürzlich Wissenschafter der Deutschen Sporthochschule Köln nach. In einer von Fifa-Publisher EA Sports in Auftrag gegebenen Studie sollte ermittelt werden, ob sich Fußballspieler verbessern, nachdem sie das Game gezockt hatten. "Die Idee war herauszufinden, ob es einen sportspezifischen Transfer zwischen digitalem und realem Sportspiel gibt", sagt Carsten Möller vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung der Hochschule.

Dazu wurden unter Bewerbern aus ganz Deutschland zwei C-Jugend-Mannschaften ausgewählt, die vom spielerischen Niveau, der Athletik und der Medienkompetenz ungefähr gleichwertig waren. Für zehn Tage wurden beide Teams in einem Trainingslager einquartiert. Die Pausen zwischen den Übungseinheiten auf dem Rasen verbrachten die Jugendlichen großteils vor der Konsole. Während die eine Mannschaft Fifa 14 spielte, strapazierte das andere Team den Controller beim Tennis und beim Autorennen.

Im Lauf des Trainingscamps ermittelten die Medienforscher in psychologischen Tests die Wirkung der Spiele, während ihre Kollegen die Spielbewegungen beider Teams im Training, die dazu mit Kameras aufgezeichnet wurden, nach sportspezifischen Kriterien analysierten. Daniel Memmert, Leiter des dafür zuständigen Instituts für Kognitions- und Sportspielforschung, erklärt, worauf der Fokus dieser Beobachtungen lag: "Die Taktik fällt in heutigen wissenschaftlichen Modellen in zwei Bereiche: Spielintelligenz und Kreativität. Deshalb galt unser Interesse zum einen der Anzahl der Bestlösungen von Spielsituationen und zum anderen den überraschenden Aktionen." Man beobachtete bevorzugt jene Trainingseinheiten, in denen das Passspiel und das Erkennen von Lücken in der gegnerischen Abwehr im Vordergrund stand.

Das Fazit der Forscher fällt nüchtern aus: Die Fifa-14-Spieler zeigten im Vergleich mit den anderen Buben im Verlauf des Trainingslagers keine besseren Leistungen im taktischen und spielerischen Bereich. Memmert und Möller betonen aber, dass diese Forschung eine Pilotstudie ist. Um aussagekräftigere Ergebnisse zu bekommen, hätte es mehr Zeit und vor allem eine dritte Mannschaft gebraucht - nämlich eine, die mittrainiert, aber gar keine Videospiele in den Pausen spielt. Das war aber EA Sports nicht bereit zu finanzieren.

Grundsätzlich will Möller den Einsatz von Games im Sporttraining nicht abschreiben. Der Medienwissenschafter bezweifelt aber auch trotz des aktuell noch geringen Forschungsstandes, ob sich Fifa in seiner momentanen Form dazu eignet, Trainingseffekte im realen Sport zu erzielen: "Das Spiel wurde konzipiert, um Gamer ausschließlich zu unterhalten. Beim Fußballtraining geht es aber um das Erlernen spezifischer Bewegungen. Daher müsste man das im Spiel so umsetzen wie in der Realität - das heißt, dass man den ganzen Körper und nicht nur einen Controller in real anmutenden Spielen einsetzt."

Ansonsten halten sich beide Forscher mit Spekulationen zurück: Der technische Fortschritt und die Ergebnisse weiterer Studien seien abzuwarten. Für Entwickler und Wissenschafter heißt es also: am Ball bleiben. (lau, DER STANDARD, 3.12.2014)