Die Querungshilfen werden seit Mitte November getestet.

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Mit einem speziellen Chip können sie aktiviert werden.

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Das taktile Bodenleitsystem dient der Orientierung sehbeeinträchtigter Menschen.

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Wien - Wenn Fußgänger die Straße queren, wollen sie unversehrt am gegenüberliegenden Gehsteig ankommen. Das gilt auch für die rund 318.000 sehbeeinträchtigten Menschen in Österreich, die Kraftfahrzeuge oft nur anhand des Motorengeräuschs wahrnehmen können - geräuscharme Elektromobilität kann für sie deshalb gefährlich sein.

Die EU beschloss zwar im April, dass Elektro- und Hybridautos mit einem akustischen Warnsystem (Avas) versehen werden müssen. Allerdings gilt die Pflicht nur für Neuwagen und erst ab 2021. Bis 2017 sollen die umstrittenen Details der Verordnung überarbeitet werden - etwa Lautstärke, Geräuschart und Geschwindigkeitsgrenzen, ab denen sich das Avas abschaltet (DER STANDARD berichtete).

Die EU wird dabei die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der Wirtschaftskommission UNECE berücksichtigen, in der auch das österreichische Verkehrsministerium vertreten ist. Dort setzt man in der Zwischenzeit auf Bewusstseinskampagnen, die sich vor allem an E-Autokäufer und E-Taxilenker richten. Das Komitee für Mobilität sehbeeinträchtigter Menschen (KMS) sieht den Aufklärungsbedarf im Umgang mit leisen Fahrzeugen, aber auch bei Nutzern von E-Car-Sharing-Angeboten und öffentlichen Verkehrsbetreibern - in der Wiener City etwa sind seit 2012 Elektrobusse unterwegs.

Queren der Begegnungszone

Eine neue Herausforderung ist auch die umgestaltete Wiener Mariahilfer Straße. "Da muss ein System her, auf das sich blinde Menschen verlassen können", sagt Hubert Wagner vom KMS. Auf Betreiben des Komitees wurden von der Stadt Wien neben dem taktilen Bodenleitsystem und den normalen Ampeln mit Blindenakustik an den drei Kreuzungen auch drei neuartige Querungshilfen in der oberen Begegnungszone errichtet (Otto-Bauer-Gasse, Zieglergasse, Schottenfeldgasse); zwei weitere folgen 2015 in der unteren Begegnungszone.

Die Lichtsignalanlagen sind inaktiv und können bei Bedarf mit einem speziellen Chip für Behindertenpassbesitzer oder einem Euro-Key (Schlüssel für barrierefreie, öffentliche WCs) aktiviert werden. Die Anlagen werden seit Mitte November getestet und bisher von den Betroffenen "positiv aufgefasst", sagt Wagner. Die Sicherheit sehbeeinträchtigter Menschen sei aber auch davon abhängig, dass möglichst viele Autolenker über die Querungshilfen auf der neuen Mahü Bescheid wissen. (Christa Minkin, DER STANDARD, 3.12.2014)