Auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt bahnt sich ein neuer Mega-Deal an, der einen Wohnungs-Riesen mit mehr als 300.000 Wohneinheiten entstehen lassen könnte. Die Deutsche Annington, die aktuell über einen Bestand von rund 210.000 Wohnungen verfügt, hat am Montag nämlich ein 3,9 Milliarden Euro schweres Übernahmeangebot für den Wohnungskonzern Gagfah gelegt. Es gebe außerdem einen Grundsatzbeschluss der Führungsgremien beider Unternehmen für den Zusammenschluss.

"Wir wollen einen nationalen Champion von europäischer Dimension schaffen", sagte Annington-Chef Rolf Buch am Montag in einer Telefonkonferenz. Von der Fusion versprechen sich die beiden Unternehmen innerhalb von zwei Jahren Größen- und Finanzierungsvorteile von rund 84 Millionen Euro. Die Zinsen auf die milliardenschweren Schulden der Wohnungsgesellschaften sollen Buch zufolge deutlich sinken, weil dem neuen Unternehmen ein besseres Rating winke.

Der Deal kommt aber nur zustande, wenn die Besitzer von mindestens 50 Prozent der im Umlauf befindlichen Aktien der Gagfah das Angebot annehmen. Auch die zuständigen Kartellbehörden müssen das Geschäft absegnen.

Nummer 1 schluckt Nummer 3

Sowohl die Deutsche Annington als auch die Gagfah entstanden ursprünglich durch den Aufkauf ehemaliger Werks- und Beamtenwohnungen von Behörden und großen Firmen. Die Gagfah, gegründet 1918 als "Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten", gehörte zwischenzeitlich mehrheitlich dem US-Finanzinvestor Fortress, der vor einigen Monaten aber vollständig wieder ausstieg. Sie ist mit gut 140.000 Wohnungen (der Schwerpunkt liegt dabei im Ruhrgebiet) derzeit die Nummer drei unter den deutschen börsennotierten Immo-Gesellschaften. Zwischen ihr und Annington befindet sich noch die Deutsche Wohnen mit rund 150.000 Wohnungen auf Platz 2.

Durch den Zusammenschluss entsteht ein Unternehmen mit einem Portfolio von rund 350.000 Wohneinheiten. Mit einem kombinierten Portfoliowert von rund 21 Milliarden Euro wird es das nach Wohneinheiten größte Wohnungsunternehmen Europas sowie der zweitgrößte börsennotierte Immobilienkonzern in Kontinentaleuropa. Nummer 1 ist der auf Einkaufszentren spezialisierte französisch-niederländische Konzern Unibail-Rodamco (dem unter anderem 80 Prozent an der Shopping City Süd sowie das Wiener Donauzentrum gehören) mit einem Börsenwert von mehr als 33 Milliarden Euro.

Neuer Name

Auch einen neuen Namen soll der Immobilienriese bekommen. Personal soll nach der Fusion nicht abgebaut werden, versprach Buch in der Telefonkonferenz. "Die Mitarbeiterzahl wird tendenziell steigen." Annington verfolge anders als Gagfah bisher das Ziel, Arbeiten wie Wartung und Objektbetreuung selbst zu übernehmen statt an Dienstleister zu vergeben.

Auf Mieter habe der geplante Zusammenschluss keine direkten Auswirkungen, betonten die beiden Unternehmen sowie der Deutsche Mieterbund. Dieser erklärte am Montag in Berlin, alle Verträge blieben gültig. Es gebe außerdem keine Möglichkeiten für zusätzliche Mietpreiserhöhungen.

Es ist bereits die zweite Großfusion unter börsennotierten Wohnungsgesellschaften in Deutschland. Vor einem Jahr hatten die Deutsche Wohnen und die GSW, beide mit Schwerpunkt in Berlin, ihren Zusammenschluss angekündigt.

"Wiener Wohnen" wird überholt

Detail am Rande: Mit 220.000 Wohnungen gilt das städtische Unternehmen "Wiener Wohnen", das 2.300 Wiener Gemeindebauten verwaltet, bis dato als "Europas größte Hausverwaltung". Diesen Titel wird sich nach der geglückten Fusion der neue deutsche Wohnungs-"Gigant" schnappen. (mapu/red/APA, derStandard.at, 1.12.2014)