Wien - Ab Ende September wurde eine Patientin aus Saudi-Arabien im Wiener Kaiser Franz Josef-Spital wegen einer schweren MERS-Erkrankung behandelt. Sie konnte schließlich geheilt aus der Spitalspflege entlassen werden. Die Fachleute vom Department für Virologie der MedUni Wien haben jetzt darauf hingewiesen, dass man in Österreich mit weiteren importierten Fällen rechnen müsse. Wachsamkeit ist angesagt.
So schreiben die Experten Judith und Stephan Aberle in der neuesten "Virusepidemiologischen Information": "Aufgrund des anhaltenden Vorkommens von MERS-CoV Erkrankungen (Middle East Respiratory Syndrome Corona Virus; Anm.) auf der arabischen Halbinsel muss auch weiterhin mit importierten Erkrankungsfällen in Europa und auch in Österreich gerechnet werden. Auf MERS sollten alle Patienten getestet werden, die an einem akuten respiratorischen Syndrom mit klinischem oder radiologischem Hinweis auf eine Beteiligung der tiefen Atemwege (Pneumonie bzw. Atemnotsyndrom) erkrankt sind und sich innerhalb von 14 Tagen vor Krankheitsbeginn auf der arabischen Halbinsel aufgehalten haben."
Schnell nachweisbar
Das Virus lässt sich schnell über eine sogenannte PCR-Laboruntersuchung aus Sekreten nachweisen. MERS-CoV-Erkrankungen sind seit 2012 bekannt geworden. Bis zum 13. November wurden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 938 bestätigte Erkrankungsfälle gemeldet, wovon 373 Patienten verstorben sind. Die Sterblichkeit bei den Erkrankten betrug bisher rund 40 Prozent. Die schwersten Krankheitsverläufe betreffen Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Krebs oder Personen mit geschwächtem Immunsystem.
"Von den bisher gemeldeten MERS-Fällen hatten alle direkten oder indirekten Bezug zur arabischen Halbinsel. Die überwiegende Zahl trat bisher in Saudi-Arabien auf, einige in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien, Katar, dem Oman und dem benachbarten Kuwait", berichteten die Wiener Fachleute.
Der Ansteckungsweg sei nicht restlos geklärt. Als Infektionsquelle für den Menschen werden infizierte Dromedare angesehen. In diesem Jahr sei es im April und Mai zu einer "ungewöhnlich starken Zunahme mit mehr als 500 erkrankten Personen in Saudi-Arabien" gekommen. Die Crux dabei: Mehr als 75 Prozent der Erkrankungsfälle waren auf Infektionen in Spitälern zurückzuführen, was keinen sehr guten Befund für die dortigen Hygienemaßnahmen darstellt. "Aktuell werden laut WHO-Berichten 20 bis 30 neue MERS-Erkrankungen pro Monat gemeldet", so die Fachleute.
Einzelne Fälle in Europa
In Europa gab es bisher nur einzelne Fälle der Viruserkrankung. In Deutschland und in Großbritannien wurden je zwei importierte Erkrankungen gemeldet, in Frankreich, den Niederlanden, Italien, Griechenland und der Türke je ein Krankheitsfall. In einem Fall in Frankreich und bei zwei Erkrankungen in Großbritannien gab es jeweils Ansteckungen anderer Menschen.
Bei der Patientin aus Saudi-Arabien wurden in Österreich jedenfalls alle Kontaktpersonen identifiziert und über die maximale Inkubationszeit von 14 Tagen beobachtet. Niemand wurde infiziert. Drei Kontaktpersonen hatten allerdings in der Beobachtungszeit "einen milden respiratorischen Infekt". Die Analysen zeigten allerdings, dass es sich bei den Erregern um harmlose Schnupfenviren handelte. (APA, derStandard.at, 28.11.2014)