Der Van-Allen-Gürtel (grün und blau) mit der Elektronenbarriere (in Form durchsichtiger Ziegelsteine dargestellt), welche die Erde schützt.

Illu.: Andy Kale, University of Alberta

Boulder/Wien - In 15.000 bis 25.000 Kilometer Höhe über der Erdoberfläche, im äußeren Van-Allen-Gürtel, geht es ziemlich ungemütlich zu: In diesem Strahlungsgürtel, der Ende der 1950er-Jahre entdeckt wurde, umkreisen extrem schnelle und energiereiche Elektronen in rund fünf Minuten den Planeten.

Würde sich ein Raumschiff mit Astronauten etwas länger in dieser Zone aufhalten, täte das weder der Elektronik des Raumschiffs noch der Gesundheit der Besatzung gut. (Zum Vergleich: Die Internationale Raumstation ISS befindet sich gerade einmal in 431 Kilometer Höhe.)

Seit zwei Jahren untersuchen zwei Nasa-Sonden den Van-Allen-Gürtel, von dem man bis 2013 bloß einen inneren und einen äußeren kannte. Doch dann entdeckte man noch einen dritten Ring in dieser Zone. Nun haben die Forscher um Daniel Baker von der University of Colorado in Boulder anhand der Nasa-Daten etwas anderes beobachtet, das noch unerwarteter kommt: einen unsichtbaren Schutzschild, der die energiereichen Elektronen wie von Zauberhand abschmettert.

"Es ist, als ob diese Elektronen mitten im Weltraum gegen eine Glaswand prallen würden", sagt Baker und vergleicht das rätselhafte Phänomen mit unsichtbaren Schutzschilden, die in der Serie Star Trek gegen feindliche Waffen immunisiert. Selbst bei einem starken Sonnensturm im Oktober 2013 gab diese Barriere um die Erde nicht nach und hielt die Elektronen davon ab, weiter nach innen einzudringen.

Drei mögliche Erklärungen

Wie aber funktioniert dieser natürliche Schutzschild? Zunächst gingen die Forscher davon aus, dass er mit dem irdischen Magnetfeld zu tun haben könnte, das uns auch vor anderen kosmischen Teilchen schützt. Doch Messungen widerlegten diese Hypothese. Auch langwellige Radiowellen, die - der Theorie nach - ebenfalls eindringende Elektronen abfangen könnten, wurden verworfen, wie die Forscher im Fachblatt "Nature" schreiben.

Vielmehr vermuten sie, dass der Schutzschild durch Prozesse in der sogenannten Plasmasphäre zustande kommt. Diese Region, die in etwa 900 Kilometer Höhe beginnt und dann Tausende von Kilometern weit in den Weltraum hineinreicht, enthält ein geladenes, kühles Gas, in das sehr schnelle Elektronen zwar ein Stück weit eindringen können - sie würden dann aber dort, wo der Schild beginnt, durch Wechselwirkungen mit Gas und Erdmagnetfeld abgebremst. (tasch, DER STANDARD, 28.11.2014)