Ein neues Führungsduo, das auf einen generationenübergreifenden Dialog setzt: Peter Schernhuber (li.) und Sebastian Höglinger werden die Diagonale 2016 übernehmen.


Foto: Robert Newald

Wien/Graz - Ab 2016 wird die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, wieder von einem Duo angeführt. Die beiden Oberösterreicher Sebastian Höglinger (30) und Peter Schernhuber (26) werden Barbara Pichler nachfolgen, die nach siebenjähriger Intendanz auf eine weitere Verlängerung verzichtet hat. "Die Entscheidung kam auch für uns überraschend", so Schernhuber im STANDARD-Gespräch mit Understatement: "weil es ja nicht selbstverständlich ist, dass man als junger Mensch eine solche Verantwortung bekommt."

Die Generalversammlung des Vereins Forum österreichischer Film, der das Festival in Graz organisiert, entschied sich einstimmig für ein Konzept, das von "Mut, Neugier und von einer Lust an Neuem geprägt" sei und "sowohl Kontinuität als auch frische Impulse erwarten" lässt. Höglinger und Schernhuber, die schon gemeinsam das Jugendfilmfestival Youki in Wels geleitet haben, kennen die Diagonale selbst als Mitarbeiter von innen - was bei der Bewerbung bestimmt kein Nachteil war. Kontinuität ist den beiden daher auch wichtig: "Man muss das Rad nicht neu erfinden" , sagt Höglinger und fügt hinzu: "Es gibt allerdings da und dort Rädchen, an denen man drehen kann."

Ein Begriff, der im Gespräch mit den beiden mehrmals fällt: die Ganzheitlichkeit des Festivals. Gemeint sind damit nicht nur kuratorische Kompetenz, präzisiert Schernhuber, sondern auch die organisatorische Seite einer solchen Veranstaltung. "Von der Eröffnung über die Tributes bis hin zu der Frage, wo Gäste untergebracht sind: Wir werden das Festival Stück für Stück aufdröseln und uns anschauen, was gut funktioniert hat und wo es Verbesserungspotenzial gibt." Ein Festival ist mehr als die Summe seiner Teile, wissen die beiden, die sich auf dem Linzer Crossing-Europe-Festival kennengelernt haben.

Dass in der heimischen Filmbranche schnell jemand glaubt, das Nachsehen zu haben, mit Interessenkonflikten und Widerstand zu rechnen ist, darüber ist sich das Duo im Klaren. "Aufgrund unseres Alters wird es wohl nicht einfacher, aber wir sind da auch nicht ganz blauäugig hineingegangen", versichert Höglinger. "Weil wir jünger sind, werden wir auch den generationenübergreifenden Dialog suchen." Es sei notwendig, "orchestrierend zu agieren, weil es in der Branche so unterschiedliche Vorstellungen gibt", ergänzt Schernhuber.

An dem von Barbara Pichler eingeschlagenen Weg, nicht alle im Kino gezeigten Filme des Vorjahres noch einmal vorzuführen, wollen die beiden jedoch festhalten. Die Selektion müsse zwar repräsentativ bleiben, dies würde auch von der Branche so erwartet, aber "unsere Aufgabe ist es auch, das Label österreichischer Film infrage zu stellen oder gegen den Strich zu bürsten." Gerade im nationalstaatlichen Kontext seien solche Konzepte ohnehin problematisch - "das Festival ist keine Sachertorte, die man verschickt."

Nichts sakrosankt

Auch was andere Sektionen anbelangt, erklärt das neue Führungsduo nichts für sakrosankt. Ob es etwa weiterhin so viele Programmplätze für experimentelle Formate geben wird, hänge von der jeweiligen Jahresproduktion ab. Die Mannigfaltigkeit des heimischen Schaffens müsse natürlich abgebildet sein, auch Filmhistorisches und Weltkino sollen ihren Platz bekommen.

Die Verjüngung der Intendanz werde sich vermutlich mehr im informellen Bereich niederschlagen, im Rahmenprogramm und im Auftritt des Festivals, wenngleich Höglinger und Schernhuber betonen, dass es um keine zwanghafte Jugendlichkeit gehe. In Graz gehen die beiden auch daran, Kooperationspartner zu suchen und neue Festivalorte anzugliedern, wo ein Austausch innerhalb der Branche, aber auch mit dem Publikum stattfinden kann.

Vielleicht liegt genau in dem pragmatischen Zugang, im Austarieren der Interessen und in der Beschwörung des Kollektivgeists das Neue dieses Teams. Nicht einmal untereinander teilen sie Kompetenzen auf - hier beginnt schon der "ganzheitliche Blick". Und: "Natürlich gibt uns das auch eine gewisse Sicherheit." (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 28.11.2014)