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Geldflüsse aus Russland an den Front National von Marine Le Pen (re.) sollen teilweise auch von EU-Abgeordneten eingefädelt worden sein, darunter etwa von Jean-Luc Schaffhauser (Mitte).

Foto: Reuters / Philippe Wojazer

Im Europäischen Parlament in Straßburg schien Marine Le Pen, der Chefin des extrem rechten Front National, diese Woche die große Stunde zu schlagen. Zum ersten Mal war es der fraktionslosen EU-Abgeordneten gelungen, mit Abgeordneten anderer Rechtsparteien (wie der FPÖ und dem belgischen Vlaams Belang) erfolgreich einen Schulterschluss mit der Fraktion des britischen EU-Skeptikers Nigel Farage zu bilden.

Antrag gegen Juncker

Sie brachten genug Unterstützungserklärungen auf, um einen Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission und Präsident Jean-Claude Juncker einzubringen. Anlass: die Berichte über Steuerdeals von Großkonzernen in Luxemburg, als dieser dort noch Premierminister war.

Der Antrag wurde Freitag im Plenum mit klarer Mehrheit abgelehnt. 101 Abgeordnete stimmten für die Abwahl, 461 sprachen der Kommission indirekt ihr Vertrauen aus, bei 88 Enthaltungen. Aber die Rechtsparteien, die zersplittert und sonst untereinander uneinig sind, konnten sich erstmals seit den EU-Wahlen im Juni gehörig in Szene setzen.

Während Farage den Austritt Großbritanniens aus der EU erreichen will und die Alternative für Deutschland (AfD) unter Bernd Lucke die Zerschlagung der Währungsunion, will Le Pen nach eigenem Bekunden die Union "von innen her zerstören", will wieder Grenzkontrollen einführen, ebenso nationale Währungen, die EU-Institutionen schwächen.

Kampf gegen ein Monster

Bei einer Debatte über Juncker nannte sie ihn ein Symbol für das "Monster Europa", für Mauscheleien, geheime Deals. Ausgerechnet in diese politische Offensive hinein enthüllte die französische Zeitung "Mediapart", dass der Front National offenbar in viel größerem Ausmaß aus russischen Quellen finanziert wird, die dem Kreml und Präsident Wladimir Putin nahestehen, als bisher bekannt.

Nicht neun Millionen Euro soll der Kredit betragen, den der Front für den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich im Jahr 2017 bekommt (was Le Pen bestätigte), sondern gleich 40 Millionen (was sie bestreitet). Gleichzeitig enthüllte "Bild" in Deutschland über Geheimdienste, dass der AfD über dubiose Goldtransfers ebenfalls aus Russland gestützt werden soll. Das Edelmetall werde unter dem Marktpreis geliefert und von der AfD an Unterstützer verkauft. Die AfD dementiert den Bericht.

Enges Netzwerk?

Das stärkt Berichte, wie sich seit längerem ein enges Netzwerk zwischen Moskau und EU-skeptischen Parteien in den EpeU-Ländern entwickelt, in dem auch die FPÖ verkehrt. Auffällig häufig sind Besuche der Protagonisten in Moskau, wie zuletzt von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Rechte EU-Abgeordnete aus Frankreich, Italien und Belgien, aber auch aus der FPÖ traten als Wahlbeobachter bei der Abtrennung der Krim von der Ukraine auf.

Laut "Mediapart" ist der Transfer von neun Millionen Euro an den FN über eine russisch-tschechische Bank, die einem Oligarchen gehört, vollzogen, sei aber nur eine erste Tranche. Die Deals laufen über Mittelsmänner, von denen auffallend viele Abgeordnete im EU-Parlament sind, so der FN-Mann Bernard Monot, der den Wahlkampfbedarf seiner Partei mit 45 Millionen bezifferte.

Bizarr bei all dem: Der Abgeordnete Jean-Luc Schaffhauser (FN) bekam für Vermittlerdienste von der russischen FCRB-Bank 140.000 Euro. Er brachte Le Pen mit dem russischen Abgeordneten und Geschäftsmann Alexander Babakow zusammen. Dieser steht auf der schwarzen Liste der EU. Der Geldtransfer lief über eine Bank in einem Land, das für Le Pen Heimat der "Monster" ist: Luxemburg. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 28.11.2014)