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Noch ist im Nebel, mit welchen Maßnahmen die Opec-Länder den Ölpreis nach oben zu treiben versuchen.

Foto: AP/Hussein Malla

Plus/minus 120 Dollar: Das ist die Schmerzgrenze für Länder wie Venezuela oder Nigeria in Sachen Öl. Wird auf dem Weltmarkt weniger für ein Fass Rohöl (159 Liter) gezahlt, kommt der Staatshaushalt ins Rutschen. Für den Iran, ebenfalls Gründungsmitglied der zwölf Länder umfassenden Organisation erdölexportierender Staaten, liegt die Schmerzgrenze laut Deutscher Bank zwischen 130 und 140 Dollar, für Kuwait bei 70 Dollar.

Das zeigt, wie unterschiedlich betroffen die Ölproduzenten sind und wie groß das Problem ist, die teils divergierenden Interessen unter einen Hut zu kriegen. Am Donnerstag wird sich zeigen, ob das gelingt. Schon lange nicht ist eine Konferenz der Opec-Ölminister mit so großer Spannung erwartet worden. (Livestream vom Opec-Treffen)

Die Welt steht Kopf

Tatsächlich hat sich die Ölwelt fundamental verändert. Seit Jahresmitte spiegelt sich das auch in den Preisen. Infolge des Booms bei Schieferöl in den USA, das mittels Fracking-Technik aus dem Boden geholt wird (mit hohem Druck unter Beigabe eines Wasser-Chemikaliengemischs werden Kohlenwasserstoffe aus dem Gestein gelöst), und einer schwachen Nachfrage ist mehr Öl am Markt, als nachgefragt wird. Seit Juni hat sich der Preis der für Europa maßgeblichen Nordseesorte Brent um rund 30 Prozent von 110 Dollar je Fass auf unter 80 Dollar (rund 63 Euro) verbilligt.

Neu ist, dass auch vermehrt Spekulanten auf den Zug aufspringen und offenbar auf weiter fallende Preise setzen. Das könnte eine sich immer schneller drehende Preisspirale nach unten auslösen, meinen Beobachter. "Der starke Preisverfall zuletzt ist vor allem durch Spekulation getrieben", sagte Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, im Interview mit dem STANDARD.

Drei Szenarien

Gewinner des Öl-Monopoly und der zurzeit vergleichsweise tiefen Rohölpreise sind alle Länder, die das schwarze Gold wegen nicht oder zu wenig vorhandener eigener Vorkommen importieren müssen. Österreich etwa hat nach Zahlen der Statistik Austria im Vorjahr 7,8 Millionen Tonnen Rohöl eingeführt, das sind knapp 57 Millionen Fass. Sollten die Rohölpreise nächstes Jahr auf dem derzeitigen Niveau verharren, könnte sich Österreich allein bei den Rohölimporten umgerechnet rund eine Milliarde ersparen.

Für Deutschland hat die Volkswirtschaftsabteilung der Unicredit infolge der gefallenen Energiepreise eine Kostenentlastung auf Jahressicht von rund 35 Milliarden Euro prognostiziert. Darin berücksichtigt sind auch günstigere Gasbezüge, weil der Preis für Erdgas in der Regel mit ein paar Monaten Abstand den Rohölpreisen folgt.

Drei Szenarien werden von Experten für den Ausgang der Opec-Konferenz gezeichnet: kein Beschluss, weil sich die großen Gegenspieler – Saudi-Arabien und die Golfstaaten auf der einen, Venezuela, Iran und Ecuador auf der anderen Seite – auf keine gemeinsame Politik verständigen können. Der Ölpreis könnte noch im Dezember auf 70 Dollar und im Jänner weiter auf 65 Dollar fallen, glaubt man bei JPMorgan.

Förderung drosseln

Szenario zwei, für viele die wahrscheinlichste Variante, sieht eine Reduktion der Opec-Produktion auf die gültige Förderobergrenze von 30 Millionen Fass am Tag vor. Im Moment fördert das Kartell deutlich mehr Öl.

Laut Berechnungen der Internationalen Energieagentur in Paris haben die Opec-Länder im Oktober zusammen um rund 600.000 Fass am Tag mehr produziert als eigentlich vereinbart.

Drittes und radikalstes Szenario: eine neue, tiefere Förderquote. Um die Preise zu stabilisieren, müssten wohl 1,0 bis 1,5 Millionen Fass aus dem Markt genommen werden.

Russland und das Vertrauen

Russland, das die gesunkenen Rohölpreise ebenfalls stark spürt, wollte seine Produktion um 300.000 Fass zurückschrauben, wenn die Opec im Gegenzug 1,4 Millionen Barrel aus dem Markt nimmt. Das Nicht-Opec-Mitglied Russland leidet aber immer noch unter einem Vertrauensbruch in der Vergangenheit: 2008, als die Ölpreise nach dem Finanzcrash abgestürzt waren, hatte Russland eine Drosselung der Produktion versprochen, sich aber nicht daran gehalten und sukzessive seine Marktanteile ausgebaut.

Dieser Schock sitzt bei manchem Opec-Mitglied noch tief. (Günther Strobl, DER STANDARD, 27.11.2014)