Die Idee ist steinalt und kommt mit der kalten Jahreszeit: alles stehen- und liegenlassen, raus aus dem Stress und ab auf die einsame Insel - zum Beispiel auf die Seychellen. Twin Otter heißt der Hubschraubertyp, der gleich neben dem Flughafen wartet, und 20 Minuten später fliegt man auf ein winziges Eiland zu, das seit 1999 dem deutschen Industriellen Otto Happel gehört.

Das winzige Eiland gehört seit 1999 dem deutschen Industriellen Otto Happel.
Foto: Oetker Collection

Aus dem Traum einer eigenen Insel hat er ein ökologisches Vorzeigeprojekt gemacht. Wer hier eine der 16 Villen mietet, bucht hochprofessionellen Superluxus inklusive potenziellen exotischen Naturerlebnissen, und das sogar recht einsam.

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Auf Frégate gibt es nur 16 Häuser, die anderen Inselbewohner sieht man kaum und kann sich deshalb wie Brooke Shields in der Blauen Lagune vorkommen. Vor allem nackt, denn man bucht einen Privatstrand und sieht nur exotische Krabben vorüberziehen. Wer nicht nur am Strand lungern will, kann sich von Biologen die Insel zeigen lassen. Wer hier urlaubt, finanziert nämlich auch Natur- und Tierschutzprojekte und damit auch Erin Greenson, die hier als Ökologin arbeitet.

Eine der Riesenschildkröten auf Frégate
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"Genau genommen ist das Besondere an der Insel ja, dass keine Säugetiere hier leben", erzählt sie bei einem morgendlichen Inselrundgang. Auf Frégate leben 2000 Aldabra-Riesenschildkröten ("Nur eine einzige von ihnen ist zutraulich, sie lebt am Flughafen"), die vom Aussterben bedrohten Karettwasserschildkröten ("Wir retten jeden Tag frisch geschlüpfte Babys, die es nicht ins Wasser schaffen"), spektakuläre Riesentausendfüßler ("Relikte aus der Steinzeit") und viele hunderte Vogelarten.

Nachhaltig

"Vorsicht Schildkrötenfladen", sagt Erin zu einer Flip-Flop-Trägerin und zeigt auf einen unscheinbaren, amselähnlichen Vogel, der dort sitzt. Dem "Magpie Robin" gilt die ganze Aufmerksamkeit der irischen Ökologin, weil er hier in Frégate vor dem Aussterben gerettet wurde. Als Inselbesitzer Happel Frégate übernahm, gab es nur noch zwölf Stück. Schuld waren die Ratten, die die Menschen mit Schiffen auf die Insel gebracht hatten und die die auf dem Boden lebenden Jungen der Tiere auffraßen.

Der Infinity-Pool vor der Villa gehört in Wahrheit den Möwen.
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Erin kennt praktisch jedes Exemplar der heute 120 hier lebenden Neuzüchtungen und erkennt es an seinen Ringen an den Füßen. Jeder Vogel ist in einem Computerprogramm registriert. An sich ist der Vogel scheu, doch reviertreu: Wer nach der Ayurveda-Behandlung auf der Insel mit öligen Haaren die zwei Stunden lange Massage nachklingen lässt, wird im Garten einige Dajale sehen - auf den Panzern der Riesenschildkröten, die dort grasen.

Wagemutige Möwen

Das gelingt, weil auf Frégate nur wenige Menschen leben. Deshalb gehört auch der Infinity-Pool vor der Villa in Wahrheit den Möwen, die täglich zur gleichen Zeit zum Schwimmen ins Becken kommen - besonders mutige unter ihnen verteidigen ihr Terrain auch gegen die vorübergehenden Bewohner aus den Luxuspavillons.

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Frégate ist aber auch ein landwirtschaftliches Projekt. Auf der Insel wird Gemüse und Obst angebaut. "Wir produzieren hier alles, was wir brauchen mit einer eigenen Technologie ohne Erde", sagt der Franzose Arnaud Davin, der dieses Vorzeigeprojekt leitet und für das Restaurant verantwortlich ist, auf Wurzelgemüse muss er verzichten, weil es die Tausendfüßler erbarmungslos auffressen.

Nur ein paar Wochen im Jahr kommen sich Mensch und Tiere ins Gehege: Dann, wenn die Sternfrüchte reif sind. "Es ist das Lieblingsessen der Riesenschildkröten, sie versammeln sich alle unter den Bäumen", sagt Davin, der ihnen immer ein paar Exemplare abluchst, weil "Sternfrüchte wunderbar für Crème brûlée sind." (Karin Pollack, Rondo, DER STANDARD, 28.11.2014)